Eine Wohnung ist zu vermiethen in der Stadt. Eine Wohnung ist zu verlassen in der Vorstadt. Eine Wohnung mit Garten ist zu haben in Hietzing

Lokal-Posse mit Gesang in 3 Aufzügen
Uraufführung
17. Jänner 1837, Theater an der Wien Sensationeller Durchfall durch Stampfen, Pfeifen und Wiehern. Nach 2 Wiederholungen abgesetzt. Die brillante Satire auf das Wiener Kleinbürgertum, die böse Genauigkeit der Beschreibung der Wiener „Gemütlichkeit“ wurde vom Wiener Publikum wohlverstanden. Im Lese-Repertoire von Karl Kraus seit 1923. Erst 1924, und diesmal mit größtem Erfolg, wieder aufgeführt
Nestroy-Rolle
Herr von Gundelhuber, Rentier (Rollenverzeichnis 575)
Musik
Adolf Müller
Nachweise: Hilmar S. 75
HKA Stücke 12, S. 219–234
Vorlage
Louis Angely: Wohnungen zu vermieten (Vaudeville, Berlin 1832, Wien ThJ 1837)
Überlieferung
SW Bd. 9, S. 590–613
HKA Stücke 12, S. 139–176
Yates, Nestroyana 6 (1985/86)
Werkausgaben (Stücktext)
Chiavacci Bd. 8, S. 171–222
SW Bd. 9, S. 267–365
GW Bd. 2, S. 625–711
HKA Stücke 12 (Herausgeber: W. Edgar Yates), S. 5–82
Musik (erhältlich)
Musik (erhältlich)
Literatur
HKA Stücke 12, S. 3
Benay, Jeanne: Theater im „kupferne[n] Zeitalter“. Eine Wohnung ist zu vermieten … Mehrere Wohnungen zu vermiethen! (Roche/Duflot, Angely, Malß, Nestroy). Nestroyana 17 (1997), S. 77–97
Schmidt-Dengler, Wendelin: Familienfassaden. Zur Funktion der Familie bei Johann Nestroy. Nestroyana 4 (1982), S. 83–91
Yates, W. E.: Zur Wirklichkeitsbezogenheit der Satire in Nestroys Posse Eine Wohnung ist zu vermieten. Maske und Kothurn 27 (1981), S. 147–154
NESTROY Spiele Schwechat
NESTROY Spiele Schwechat
Herr von Gundlhuber ein Rentier
Kunigunde seine Frau
Amalie 20 Jahre
Heinrich 15 Jahre
Gabriel 11 Jahre
Franzi 7 Jahre
Adele 2 Jahre, beider Kinder
Herr von Kleefeld ein reicher Privatmann
Louise seine Tochter
August Fels Amaliens Bräutigam
Herr von Wohlschmack Kapitalist
Eduard dessen Sohn
Cajetan Balsam Hausmeister
Herr von Strohgeld
Madame Chaly Witwe, Inhaberin eines Wachsfigurenkabinetts
Lisette deren Stubenmädchen
Monsieur Dümont
Gertraud Magd im Gundlhuberischen Hause
Herr von Heuschreck vormals Fabrikant
Frau von Heuschreck
Therese dessen Tochter
Nettel Magd im Heuschreckschen Hause
Walder ein Freund Augusts
Madame Stoll Witwe und Hauseigentümerin in Hietzing
Sophie ihre Tochter
Flint ihr Liebhaber und Glasermeister in Prag
Caspar Kutscher des Hietzinger Stellwagens, ein Fiaker
Recht ein Notar
Stoss ein Trager
Haltauf ein Wachter
Herren und Damen, Spaziergänger, Fiaker, Glasergesellen, [Wächter,] Bediente, Volk

Die Handlung spielt im 1. Akt in der Stadt, im 2. Akt in der Vorstadt und im 3. Akt in Hietzing.

1. Akt

Chor mit Notar I, 1. – August und Amalie unterzeichnen einen Ehevertrag, doch da Gundlhuber sich verspätet hat, fehlt seine Unterschrift, um den Vertrag rechtskräftig zu machen. Um Augusts Treue noch einmal zu prüfen, bittet Amalie Louise, August versuchsweise zu verführen. Während sie diesen Plan schmieden, fliegt ein Stein mit einem Liebesbrief von Eduard für Amalie durch das Fenster, in dem er schreibt, er sei dem Wahnsinn nahe und würde August am liebsten ermorden. – Lied Gundlhuber I, 7 (R: „Ja Spatziergäng zu machen, das ist eine Pracht, / Wenn man so den stillen Beobachter macht“). – Gundlhuber will unbedingt in eine neue, größere Wohnung ziehen, obwohl die jetzige Wohnung auch nach der Hochzeit von August und Amalie nicht zu klein sein wird. Sofort macht er sich mit Kunigunde und vier Kindern auf den Weg zu einer Besichtigung. Da er keine neuen Mieter im Haus haben möchte, setzt Cajetan alles daran, um Gundlhuber von einem Umzug abzuhalten. Madame Chaly will mit ihrem gesamten Wachsfigurenkabinett nach Hietzing umziehen. Für diesen Umzug hat Cajetan sich als Helfer angedient. Doch er verärgert Madame Chaly durch seine aufdringliche und rechthaberische Art so sehr, daß sie schließlich Lisette mit der Beaufsichtigung des Umzugs beauftragt. Zunächst rühmt Cajetan sich vor Lisette damit, noch ledig zu sein; wenig später macht er ihr einen Heiratsantrag. Weil sie nachts immer lange liest, könnte sie statt seiner nachts das Haustor öffnen. Lisette meint, Cajetan sei eigentlich zu alt für sie, doch da er ein Haus besitzt, will sie es sich überlegen. Der verzweifelte Eduard erzählt Madame Chaly, in die er ebenso verliebt ist wie in Amalie, von seinen Problemen: Sein Vater will seine hohen Schulden nur bezahlen, wenn er ein ihm noch unbekanntes Mädchen heiratet. Madame Chaly rät ihm, sich seinem Vater zu beugen, denn sie selbst sei im Begriff, eine Vernunftehe mit Dümont zu schließen und dies sei ohnehin das Ende ihrer Beziehung. Als letzten Wunsch verlangt Eduard von ihr, daß sie eine Wachsfigur vernichtet, die seinen Vater sehr unvorteilhaft darstellt. Gerne würde Madame Chaly seinen Wunsch erfüllen, doch gerade diese ist Dümonts Lieblingsfigur. Unerwartet klingelt es in diesem Moment an der Tür. Da Madame Chaly Dümont erwartet, versteckt Eduard sich in einem Schrank. Es ist jedoch Gundlhuber mit seiner Familie. Geschwätzig stellt er alle vor, obwohl Madame Chaly ihn sobald als möglich wieder loswerden will. Als sie Madame Chaly sieht, beschließt Kunigunde, Gundlhubers Treue zu prüfen. Sie läßt die beiden alleine im Zimmer. Tatsächlich versucht Gundlhuber, bei Madame Chaly Eindruck zu machen, doch er wird beständig von seinen Kindern gestört. Endlich verabschiedet sich die Familie, doch bevor Madame Chaly Eduard aus dem Schrank befreien kann, kehren alle wegen eines Platzregens zurück. Sie lassen sich häuslich nieder, ohne zu bemerken, daß Madame Chaly sehr ungehalten ist. Beim Spielen entdeckt Heinrich Eduard im Schrank. Nur seinem Vater zeigt er den Mann, und der verspricht Eduard, zu schweigen. Doch ehe er sich versieht, hat Heinrich Eduard im Schrank eingeschlossen. Zwar übergibt er den Schlüssel seinem Vater, doch da tritt Kunigunde ein und drängt zum Aufbruch. So nimmt Gundlhuber den Schlüssel mit. Bevor es Madame Chaly gelingt, Eduard aus seiner mißlichen Lage zu befreien, erscheint Dümont. Cajetan holt den Schrank ab; Madame Chaly und Dümont versuchen vergeblich, ihn davon abzuhalten. – Chor der Träger mit Cajetan I, 29: In Dümonts Auftrag werfen die Träger Cajetan hinaus.

2. Akt

Sophie und Flint wollen heiraten. Nun sind sie auf der Suche nach Sophies Onkel Cajetan, den sie in einer Schenke finden. Fast kommt es wegen Cajetans groben und unhöflichen Reden zum Streit zwischen Flint und Cajetan, doch Sophie braucht Cajetans Hilfe, denn die Mutter will sie nur heiraten lassen, wenn sie eine Aussteuer hat. Dazu müssen Sophie und Flint aus ihrer Wohnung ausziehen, damit die Mutter sie vermieten kann und somit die Einnahmen aus dem Mietzins bekommt. Cajetan soll dem Paar helfen, eine neue Wohnung zu finden. Da er selbst verliebt ist, verspricht er seine Hilfe. Als Gegenleistung soll Sophie Madame Chaly ausfindig machen. – Lied Cajetan II, 5 („Wird mich ihre Liebe lohnen“). – Unterdessen ist bei Herrn von Heuschreck eine Feier arrangiert, auf der Therese ihren Bräutigam kennenlernen soll. Auch Louise und August sind anwesend. Bald stellt sich heraus, daß Eduard der zukünftige Ehemann sein soll. Erschrocken erinnern sich Therese und Louise an den morgendlichen Brief. Louise versucht, August auf die Probe zu stellen, indem sie ihn daran erinnert, daß er schon mehrere Lieben hatte und daß auch Amalie nur eine vorübergehende Leidenschaft sein könnte. Sofort kommen August Zweifel, und er beginnt sich in Louise zu verlieben. Auch Louises Geständnis, daß die Szene nur eine List war, kann ihn nicht mehr abschrecken. – Chor II, 9. – Während die ganze Gesellschaft noch darauf wartet, daß Eduard selbst endlich eintrifft, erscheint Gundlhuber mit seiner Familie, um die Wohnung zu besichtigen. Geschwätzig bemängelt er sofort einige Kleinigkeiten und verärgert damit alle. Da klingelt Lisette, um von Gundlhuber den Schrankschlüssel zu holen. Gerne erzählt Gundlhuber, was es damit auf sich hat. Schließlich verkündet er, daß der eintretende Eduard der besagte Mann im Schrank gewesen sei. Über das allgemeine Entsetzen ist Gundlhuber so verwirrt, daß er mit seiner Familie schnell aufbricht. Wütend erklärt Wohlschmack Eduard für enterbt und wirft ihn aus dem Haus. – Chor der Gäste II, 19. – Chor der Fiaker II, 21.

3. Akt

Chor III, 1. – Walder und dem vor Liebeskummer untröstlichen August erzählt Eduard, daß er die Wachsfigur stehlen will, die seinen Vater darstellt, weil er der Überzeugung ist, daß sein Vater ihm dann vergeben und seine Schulden bezahlen wird. Flint soll ihm bei diesem Plan helfen. August ist todunglücklich, weil Louise von ihm verlangt, daß er Amalie heiratet, obwohl sie selbst August liebt. Aus Rücksicht auf Amalie weist Louise August immer wieder ab. Gundlhuber erscheint mit der ganzen Familie in Madame Stolls Wohnung in Hietzing. – Lied Gundlhuber III, 8 (R: „Wenn man reden wollt, ließ sich gar viel drüber sagn.“). – Gundlhuber findet zunächst überhaupt keinen Gefallen an der Wohnung, weil er unbedingt in die Nähe von Madame Chaly ziehen möchte. Er ändert seine Meinung jedoch, als er hört, daß der Garten direkt an den Garten von Madame Chaly stößt. Kunigunde scheint dieser Sinneswandel sehr verdächtig. Auch Amalie kommt Augusts Betragen sonderbar vor. – Terzett Gundlhuber, Cajetan, Lisette III, 20: Lisette soll Madame Chaly eine verliebte Botschaft von Gundlhuber bringen. Cajetan glaubt, Lisette wollte ihn mit Gundlhuber betrügen. Zunächst unbemerkt, holen Eduard, Flint und zwei Gesellen besagte Wachsfigur aus Madame Chalys Haus und werfen sie, von Cajetan beobachtet, in einen Brunnen. Cajetan glaubt, einen Mord gesehen zu haben. Die Polizei wird verständigt und verhaftet Gundlhuber, der am Brunnen, vor einem durch Lisette vermittelten Treffen mit Madame Chaly, Wasser schöpfen will. Umgehend erzählt Cajetan Louise und Amalie von der angeblichen Mordtat. Die beiden befürchten das Schlimmste, weil Cajetan behauptet, Eduard erkannt zu haben. Sie glauben, es sei zum Duell zwischen Eduard und August gekommen, doch im nächsten Moment erscheint August unversehrt. Louise, die zuvor ihren Schmerz kaum verbergen konnte, sinkt ihm in die Arme. Amalie durchschaut die Situation sofort. Eduard erscheint und erklärt, was geschehen ist, worüber Wohlschmack entzückt ist. Sogleich will er alle Schulden seines Sohnes bezahlen. Eduard bittet Amalie, ihn zu heiraten. Sie ist einverstanden und muß einsehen: „Ich hätte glauben sollen und nicht prüfen, denn selten gibt’s ein Glück, das nicht in Schaum zerfließt, wenn man es zu genau ergründet.“ Da Eduard und Amalie nach ihrer Hochzeit in der Wohnung von Madame Stoll wohnen werden, braucht Gundlhuber nun keine neue Bleibe mehr. – Schlußgesang Chor mit Gundlhuber III, 30.