Robert der Teuxel

18. NESTROY Spiele Schwechat
Premiere: 29. Juni 1990

ÄTSCH!

Ja was ist denn heuer in er Rothmühle los?! Der Teufel! Na, dann ist alles klar, so etwas darf nicht jedem gefallen – oder doch? Was ist "BÖSE", was ist "GUT"?
Kann die Wahrheit wirklich so arg sein, die Lüge so lieb? Darf man die Worte der Stammtischrunden, der ach so seriösen Männerclubs wirklich so direkt wiedergeben? Fühlen sich nicht gerade die am wenigsten betroffen, die so sind, so denken und sich dann sofort aufregen, dass es so nicht sein darf?

KRRXX, es ist nicht leicht, ehrlich und freundlich zu sein; doch da das BÖSE heuer in der Rothmühle zuschlägt, darf man es auch erwarten. Und stellenweise wird's sehr böse! Ist Ihnen das zuviel? Fein! Ein Grund, darüber nachzudenken, zu reden, zu schimpfen, zu raunzen. (Was davon ist wohl am teuflischsten?) Bert-ranz Steiner

Regie

Peter Gruber

Regiemitarbeit

Christine Bauer

Kostüme

Herta Mock

Hüte

Gertrude Pfertner

Schneiderei

Olga Weinlich

Technik

Franz Schulcsik, Alfred Stepan

Effekte

Christian Sturtzel

Lichtkonzept

Charly Apfelbeck

Musikalische Einrichtung

Karl-Heinz Leschantz

Musiker

Karl Heinz-Leschantz, Angela Adebiyi-Berann, Claudius Jelinek

Coupleteinrichtung

Wolfgang Bayer

Souffleuse

Herta Mock

Maske

Patricia Grecht, Alexander Müller, Andi Mathes, Brigitte Holzer, Gerti Bayer, Heidi Lerner

Bühne und Requisiten

Hubert Rössler, Christian Polak, Erwin Strelecky
ROBERT genannt der Teuxel
Robert Herret
BERTRAM sein Freund
Franz Steiner
GOLDFISCH ein reicher Grundbesitzer
Leo Selinger
ISABELLERL seine Tochter
Hilde Lerner
FREUNDINNEN
Renate Bachtrod, Alexandra Böhm, Sylvia Daniel, Heidi Gauster, Elisabeth Kaspar, Judith Kovarik, Liselotte Sedlacek, Sabine Stacher
REIMBODERL Bedienter des Herrn von Goldfisch
Andreas Bauer
LIESERL Reimboderls Braut
Bella Rössler
DIE KATZE
Elisabeth Kaspar
KLEINE TEUFEL
Alexandra Kratzwald, Kerstin Kratzwald, Thomas Kratzwald
DÄMONEN, GNOMEN, FURIEN
Ensemble
GANGLHOFER Roberts Kamerad
Bruno Reichert
NAGELBERGER Roberts Kamerad
Leopold Selinger
SCHÜTZEN
Alexander Bucek, Jakob Enejat, Andreas Herbsthofer, Alexander Stetina, Sascha Nikodym
WIRTIN
Traude Selinger
KELLNERINNEN
Sabine Gerger, Sylvia Janousek, Sylvia Nemec-Mele, Vanessa Neuherz, Katja Strelecky
KEGELBUB
Leo Selinger
MUTTER
Traude Auer
BETTLER
Christian Kubo
CONFÉRENCIER
Christian Kubo

1. Akt
Chor der Schützengesellschaft I, 1. – Robert und der Teufel Bertram („Ich bin aus der Höll“) feiern mit der ganzen Schützengesellschaft auf Roberts Kosten. Bertram ärgert sich über abfällige Bemerkungen gegen den Teufel. Aus Rache läßt er ein Gewitter aufziehen. „Nur Böses“ will Bertram tun, doch er bringt nur kleinliche Bosheiten zustande. – Reimboderl Lied mit Chor I, 4 („Bey der Kär[t]nerstraßen“). – Singend gibt Reimboderl Auskunft über Roberts Herkunft: Roberts Vater soll der Teufel geholt haben. Robert selbst sei ein ausgewachsener Lump, den man den „Teuxel“ nennt. Dem wütenden Robert gesteht Reimboderl, daß er von Isabella geschickt wurde, um an Roberts Gewissen zu appellieren. Robert soll sich von Bertram trennen, ansonsten verweigere Herr von Goldfisch seine Zustimmung zu der Verbindung mit Isabella. – Chor der Schützen I, 6. – Reimboderls Verlobte Liserl erscheint. Es stellt sich heraus, daß ihre Mutter Roberts Amme war. Nun will sie Robert einen Brief seiner Mutter geben. Doch Robert hat zur Zeit kein Interesse an dem Brief. Statt dessen erzählt er Liserl von seinen Schwierigkeiten mit Herrn von Goldfisch, den er vor einiger Zeit in einem Kaffeehaus verprügelt hat. Liserl schlägt vor, Robert solle in einem Brief Besserung geloben. Sie selbst wolle den Brief bestellen. Während Liserl mit dem Brief unterwegs ist, berichtet Bertram, daß Goldfisch seine Tochter mit Gangelhofer verloben will. Er empfiehlt Robert, mit Isabella durchzugehen. Da Robert die Zeche im Wirtshaus nicht bezahlen kann, beginnt er auf Bertrams Rat hin mit den Schützen ein Kegelspiel, verliert dabei aber durch Bertrams Zauberkünste sein ganzes Geld und seinen Rock. – Chor der Landmädchen I, 17. – Chor der Schützen I, 17. – Als Zechpreller wird Robert im Wirtshaus festgehalten, da auch der erschienene Herr von Goldfisch ihm nicht aus der Klemme helfen will. – Chor der Schützen I, 18. – Chor der Schützen und Landmädchen I, 18.

2. Akt
Chor der Freundinnen Isabellens II, 1. – Liserl bringt Isabella Roberts Brief. Isabella ist verzweifelt, weil noch am selben Tage ihre Verlobung mit Gangelhofer stattfinden soll. Liserl beschließt, Robert zu holen, damit er selbst vor Herrn von Goldfisch Besserung geloben kann. – Lied Isabella II, 4: „Wenn sich das Eheband schlingt ohne Liebe“. – Lied Liserl II, 5 (R: „So is’s große Manöver von d’Männer, ’s is wahr / und d’Exerzierzeit bey d’ Männer die is’s ganze Jahr“). – Bertram spricht mit sich selbst: Er muß für seinen Zauberer dafür sorgen, daß Robert in die Hölle kommt. Ansonsten droht Bertram das „Register der dummen Teufel“ und er darf nicht mehr auf die Erde. Er hat bis zehn Uhr Zeit, seine Aufgabe zu erfüllen. Da er Roberts Vater ist, wäre es Bertram besonders lieb, wenn er ihn in die Hölle mitnehmen könnte. Liserl, in die sich Bertram verliebt hat, hat Bertrams Selbstgespräch gehört und widersetzt sich vehement seinen Liebesbeteuerungen. Außerdem will sie Robert warnen, doch Bertram droht ihr mit dem Tod ihrer Verwandten. Bertram erzählt Robert, er habe Beziehungen zu einem bösen Zauberer, der sich vor einigen Jahren in einem Weinkeller einen Rausch angetrunken hatte und nun sehr zornig auf das Faß sei. Das Faß sei von einem goldnenen Hahn verschlossen und von einer schwarzen Katze bewacht. Wer das Rohr an sich bringe, der könne an ihm drehen und sich wünschen, was er wolle. Bertram bietet Reimboderl 1000 Gulden, damit er Liserl verläßt. Reimboderl geht sofort auf den Vorschlag ein. – Duett Reimboderl, Bertram II, 10. – Chor im Wechselgesang mit Bertram II, 11.

3. Akt
Reimboderl findet auf der Straße Bertrams Mantel, zieht ihn an und will, in einer plötzlich aufkommenden Boshaftigkeit, einen Bettler überfallen. Als er den Mantel auszieht, wird er sofort wieder freundlich, entschuldigt sich bei dem Bettler und schenkt ihm drei Dukaten. Als Reimboderl Bertram sieht, erkennt er in ihm den Teufel. Bertram verlangt von Reimboderl das Geld zurück, weil damit Gutes getan wurde, doch Reimboderl weigert sich standhaft. – Lied Bertram III, 5 (R: „I sag’s der Betrug ist zu stark in der Mod / A böser Geist sein, das ist jetzt ein elendiges Brod.“)Chor der Kellnerinnen III, 7. – Im Weinkeller mit besagtem Faß hat Bertram die Schwefelgeister in hübsche Kellnerinnen verwandelt, die Roberts Mut anstacheln sollen, den goldenen Hahn an sich zu nehmen, was ihm schließlich auch gelingt. – Chor III, 8. – Als Robert die höllische Szenerie erkennt und dadurch bemerkt, in welcher Gesellschaft er sich befindet, schleudert er den Talisman von sich. Bertram offenbart Robert, daß er sein Vater sei, woraufhin Robert einwilligt, mit ihm zu gehen. In diesem Moment erscheint Liserl und bringt Robert die Nachricht, daß Goldfisch bereit ist, ihm Isabella zu geben, wenn er sich nur von Bertram trennt. Außerdem zeigt sie Robert den Brief seiner Mutter, in dem diese ihn vor Bertram warnt. Bertram hat bereits Roberts Hand gefaßt, um ihn mit sich zu ziehen. Liserl ergreift Roberts andere Hand, um ihn Bertram zu entreißen, doch dies gelingt erst, als Reimboderl zu Hilfe eilt. Im selben Augenblick schlägt es Viertel nach zehn und Bertram versinkt im Boden. – Unsichtbarer Chor guter Geister III, 12. – In der Schlußszene führt Herr von Goldfisch Isabella in Roberts Arme. Reimboderl umarmt Liserl. – Allgemeiner Chor III, 13.

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner

16. Internationale Nestroy-Gespräche
»KRRXX! NUR BÖSES!«
Das Böse, Magische und Irrationale bei Raimund und Nestroy

Donnerstag, 28. Juni
Bis 12.00 Uhr Eintreffen der Teilnehmer
13.45 Uhr Eröffnung
14.00 Uhr Dr. Peter Haida (Münster): „…wie man läut’t, so kommt er!“ Aspekte des Teufelsbildes in der deutschsprachigen Literatur des 19. Jahrhunderts
14.45 Uhr Dr. Werner Heinz (Berlin): „Spiel mit Tugend und Laster.“ Enthüllende, entmystifizierende Funkton des Theaters
15.30 Uhr Dr. Gerda Baumbach (Leipzig): „Der Schadensstifter, Simulation des Bösen und die Kunst der Fälschung.“ Überlegungen zu einem Aspekt der Tradition des Spiels bei Johann Nestroy
16.15 Uhr Prof. Gerd Müller (Kiel): „Nestroy, Robert der Teuxel, oder: Was ist Irrationalität?“ Gedanken über das Verhältnis von Theater und Wirklichkeit
20.00 Uhr Theaterbesuch Gruppe 80: „Die unheilbringende Zauberkrone“, von Ferdinand Raimund 

Freitag, 29. Juni
10.00 Uhr Prof. Hugo Aust (Köln): „O, du steinerne Bosheit, wie bist du so gutmütig jetzt.“ Der tragisch-komische Sinn des Übels in Raimunds „Beispielen“
10.45 Uhr Dr. Hilde Weiss (Wien): „Verstellung, steh mir bei!“ Zur Aktualität von Raimunds „Alpenkönig“
11.30 Uhr Univ.-Doz. Dr. Johann Hüttner (Wien): „Ferdinand Raimund als Schauspieler oder Ferdinand Raimund: freischaffender Künstler“
14.00 Uhr Dr. M. A. Rogers (Southampton): „Ein Bösewicht! Ein Bösewicht!“ Zur Psychologie des Bösen bei Nestroy
14.45 Uhr Univ.-Prof. Dr. Jürgen Hein (Köln): „Nur Gutes! - Nur Böses!“ Raimund, Nestroy, und die „Metaphysik“ des Wiener Volkstheaters
20.30 Uhr Premiere Nestroy-Spiele Schwechat: „Robert der Teuxel“
Anschließend Premierenfeier im Festsaal der Brauerei Schwechat

Samstag, 30. Juni
10.00 Uhr Peter Gruber (Wien): Zur Aufführung von Nestroys „Robert der Teuxel“
10.45 Uhr Prof. Dr. Werner Kummer (Bielefeld): „Methoden der parodistischen Veränderung der Vorlagen von Nestroy’schen Stücken“
11.30 Uhr Prof. Dr. Karlheinz Auckentaler (Szeged): „Das Gute und das Böse. Im Menschen. Wie stellt Nestroy dieses Phänomen dar?“
14.00 Uhr Dr. Henk J. Koning (Kampen): „Dämonie und ihre Überwindung der Elemente vormärzlichen Eskapismus in Nestroys ‚Robert der Teuxel‘ (mit Ausblick auf Holtei).“
14.45 Uhr Dr. Walter Obermaier (Wien): „1833 - Nur Böses?“ Theatersituation und kulturhistorisches Umfeld des Enstehungsjahres von „Robert der Teuxel“
16.00 Uhr Überraschung! 

Die Presse, 2. Juli 1990: Der Teufel ist immer und überall

Seit 17 Jahren inszeniert Peter Gruber, zuletzt Regisseur einer begeistert akklamierten „Wiener Blut“-Produktion an der Volksoper, mit Laiendarstellern in Schwechat Nestroy. Heuer ist die kritische Parodie auf Meyerbeer-Scribes schwulstige Oper „Robert le Diable“, „Robert der Teuxel“, an der Reihe. Die Aufführung in Schloß Rothmühle, die sich von „Phantom der Oper“ bis zu Robert Wilsons „Black Rider“ über alles lustig macht, was derzeit in Wien teuer, aber nicht unbedingt gut ist, kann als echter Clou bezeichnet werden.

Anders als die Uraufführung, die 1833 nach dem triumphalen „Lumpazivagabundus“ vom Publikum ablehnend aufgenommen wurde. Bis heute fristet „Robert der Teuxel“ im Nestroy-Repertoire der Bühnen ein Schattendasein.

Peter Gruber geht mit der Geschichte vom Sohn, der sich ewig nicht vom „teuflischen“ Vater abnabeln kann, ziemlich frei um. Er stellt den jungen Schlawiner Robert (Robert Herret) im „Rocker-Kostüm“ in eine Freischützszenerie. Der dämonische Vater Bertram (Franz Steiner), der nur dann richtig böse sein kann, wenn er seinen rot gefütterten Teufelsmantel anhat, wird am Schluß sogar zum Transvestiten, um seinen Sprößling in die Hölle zu locken, aber das brave Lieserl (Isabella Rössler), ein derbes Landkind, hat auch in dieser heiklen Lage das Herz am richtigen Fleck und entreißt den „Milchbruder“, mit dem sie mehr als geschwisterlich-freundschaftlichen Umgang pflegt, den finsteren Mächten.

Nachdem das gelungen ist und Robert in die Arme seines Isabellerls (Hilde Lerner) sinken darf, bläst der Conférencier – Christian Kubo als Robert Wilson verkleidet – zum großen Revuefinale. Wer weiß, wie peinlich solch ein Holterdipolter-Potpourri mit aktuellen Texten zu alten Schlagern gewöhnlich dort wirken kann, wo nicht die Mittel eines Peter Weck zur Verfügung stehen, kann nur staunen, wie flott, leicht und flüssig Tanz und Gesang hier vonstatten gehen.

Peter Gruber hat seine mit großem Engagement spielende Darstellergemeinde, die neuerlich an Professionalität und Ausstrahlung gewonnen hat, offenbar fest, aber nicht zu fest im Griff. In der kommenden Saison inszeniert er am Volkstheater „Liebe Jelena“ von Ljudmila Rasumowskaja, ein Stück über das heutige Leben in der Sowjetunion. Man darf gespannt sein.(Barbara Petsch)

Wiener Zeitung, 1. Juli 1990: Höllische Parodienmischkulanz

Die 18. Nestroy-Spiele in Schloß Rothmühle bei Schwechat haben sich heuer eines Stückes erinnert, das seit über 130 Jahren nicht mehr aufgeführt worden ist: „Robert der Teuxel“. Der große, menschenkritische Parodist hatte 1833 die Erfolgsoper „Robert le Diable“ von Meyerbeer aufs Korn genommen: ein mit allen Höllenregistern der Romantik arbeitendes Stück, das sich zu einer Parodie bestens eignete. Da es aber inzwischen längst in Vergessenheit geraten ist, fehlte der Anlaß für eine Aufführung der Nestroy-Version.

Regisseur Peter Gruber, Wortführer bei den Schwechater Nestroy-Spielen, war bzw. ist anderer Meinung. Er aktualisierte eine höllische Parodiemischkulanz, welche die kulturelle Orientierungslosigkeit der Gegenwart widerspiegeln will und an die Zeitlosigkeit von Nestroys bissig-galliger Weltsicht anknüpft: Der sich an kleinen Bosheiten ergötzende Teufel muß zugeben, daß die Menschheit ihm im Betrügen, an Schlechtigkeit weit voraus ist. Das diesbezügliche Couplet des Teufels mit Namen Bertram ist das beste Stück des Abends, der mit Verulkung der Bauernkomödie beginnt und in einer bunten Revue, in der Cats, Phantom der Oper und sogar Batman auftauchen, gipfelt – eine für viele gewiß sehr unterhaltsame Mischung, die sich als Rocky-Horror-Nestroy-Show jedoch vom Klima Nestroys allzuweit emanzipiert.

Womit aber nicht geleugnet sei, daß hier ein treffendes Menschen- bzw. Unmenschenbild unserer Tage possenhaft und zum Teil höchst einfallsreich aufbereitet worden ist. Gegen die Parodieparaphrase mag die Tatsache sprechen, daß dort in Schwechat ja auch wissenschaftliche Nestroy-Gespräche geführt werden, die für die Nestroy-Aufführungen eine gewisse Richtlinie bieten mögen. Bisherige Aufführungen haben dem, bei aller volksstückhaften Eigenart, Rechnung getragen. „Krrxx – Nur Böses“, dieser Titel der heurigen Nestroy-Gespräche, paßt zwar haargenau auf das gebotene Stück. Aber es wirkt letzten Endes doch nur „frei nach Nestroy“.

Trotzdem bereitet die Aufführung durch das bewährte Ensemble Sankt Jakob unter der Regie von Peter Gruber – da kann man im wahrsten Sinn des Wortes von „Ensemble“ reden – einen temperamentvollen Theaterspaß, bei dem die Spielfreude großgeschrieben wird und dem es an höllischen Effekten nicht fehlt. Franz Steiner ist wieder ganz in seinem Element, zuerst als düsterer Mephisto von Nestroys und Grubers Gnaden, dann als Possenfigur eines höllischen Transvestiten. Die handfeste Isabella Rössler und Robert Herret im Rockerkostüm bleiben am markantesten in Erinnerung, das bereits gezollte Gesamtlob mag die anderen trösten, daß man nicht jeden von ihnen extra nennt. Die Ausstatter, die musikalischen Begleiter tragen zum Erfolg des Abends natürlich Wichtiges bei, daß im Sommertheaterbetrieb rund um Wien Schwechat auch heuer seine besondere Note hat. (n. t.)

Salzburger Nachrichten, 2. Juli 1990: Mäßiges Potpourri durch zu viel Parodie – „Höllisches“ Theater in tiefen Schloß-Gewölben

Die erste Runde der Sommertheaterproduktionen in Wien und Umgebung

Die alljährliche Nestroy-Hausse bei den Sommertheaterproduktionen veranlaßt die Theatermacher zu immer gewagteren Schürfungen im umfangreichen Werk des Wiener Dichters. „Die Ott spielt im ersten Stock, wir gehen heuer in die Hölle“, heißt es in einem Couplet bei den schon traditionellen Nestroy-Spielen auf Schloß Rothmühle in Schwechat.

Denn während Elfriede Ott sich in Maria Enzersdorf mit „Zu ebener Erde und im Ersten Stock“ (ab 19. Juli) an Erprobtes hält und Heinz Marecek im Kurtheater Reichenau gar mit einer prominenten Burgtheater-Mannschaft an den „Talisman“ (ab 7. Juli) herangeht, grub man in Schwechat die „höllische“ Nestroy-Parodie einer heute unbekannten Oper von Giacomo Meyerbeer aus. „Robert le Diable“ heißt der Opernschlager von damals, „Robert der Teuxel“ nennt sich Nestroys Verulkung der romantischen Schauergeschichte.

Erfolgreich war diese Nestroy-Parodie allerdings nicht einmal bei der Uraufführung, als halb Wien die Meyerbeer-Weisen im Ohr hatte. Das hätte den Schwechater Nestroyanern zu denken geben sollen. Die Handlung des Stückes ist nämlich keineswegs abendfüllend, der parodistische Witz bald ausgeschöpft, und drei männliche Hauptfiguren – ein Wiener Strizzi, sein teuflischer Freund und ein dummer Liebhaber – versprechen anfangs mehr, als sie halten können. Regisseur Peter Gruber versuchte das Spiel mit viel Musik – freilich nicht Meyerbeer, sondern Schlager- und Musicalerfolge – sowie Showeinlagen zu retten.

Seitenhiebe auf das „Phantom“ und „Cats“ machen den Schauspielern zwar sichtlich Spaß, doch werden dadurch auch die Schwächen des Ensembles bloßgelegt. Wenn dann noch eine Parodie wie die „Rocky Horror Picture Show“ parodiert wird, hat man endgültig das Gefühl, daß der Regie die Zügel entglitten sind. Von den Darstellern halten sich zumindest Isabella Rössler als Lieserl und Franz Steiner als Teufel recht wacker.

Die Furche, 5. Juli 1990: Aus dem vollen

Parodien hängen oft arg in der Luft, wenn der Anlaß vergessen ist. Dieser geht es nicht anders. Aber Regisseur Peter Gruber wußte mit dem angestaubten Stoff eine Menge einzufangen, entfaltet ein Feuerwerk von Ideen, Gags, optischen Effekten, nimmt auf die Schaufel, was in ist oder war und überläßt es dem Publikum, möglichst viel von den Anspielungen zu erraten. Von der Rocky-Horror-Picture-Show bis Batman, von Weill-Anklängen bis zum alten amerikanischen Schlager. Und das alles kommt über die Rampe, denn das Schwechater Laienensemble beherrscht das Theaterhandwerk. Fazit: Diesmal wird nicht einem Stück auf den Grund gegangen, sondern aus dem vollen geschöpft.(Hellmut Butterweck)

Volksstimme, 4. Juli 1990: Höllisches Vergnügen

Während sich das professionelle Theater – wenn überhaupt – bloß an jene Nestroy-Stücke wagt, die zum bürgerlichen Bildungsgut gerechnet werden (weshalb so manche Inszenierung auch nur höfliches Achselzucken hervorruft), bringt das Ensemble Sankt Jakob unter der Leitung von Peter Gruber nun bereits zum 18. Male auf Schloß Rothmühle Nestroy für alle.

Nestroy verhöhnte damit 1833 Giacomo Meyerbeers romantische Oper „Robert le Diable“, die auch in Wien spektakulär erfolgreich war – trotz der verworrenen Handlung.

Nestroy verlegt sie ins bürgerliche Wien seiner Zeit: Der Teufel Bertram verkörpert nicht mehr das „böse Prinzip“, er muß vielmehr zugeben, daß ihm die Menschen im Betrügen schon weit voraus sind.

Bei der Premiere am 29. Juni präsentierte sich das Ensemble Sankt Jakob vergnüglich professionell.

Dennoch gibt es mehrere Momente, die keineswegs reiner Jux sind. Beispielsweise macht betroffen, wie schnell gerade gemütliche Stammtischbrüder ans Aufhängen schreiten. Nicht von ungefähr gleichen sie Figuren aus Deix-Cartoons.

Rund fünfzig Namen umfaßt die Liste der Mitwirkenden. Sie sind zwischen vier und 75 Jahre alt. Wenn sie nicht Theater machen, sind sie unter anderem tätig als Angestellte, Beamte, Handwerker, Soldat. (…) (Peter Matejka)

Kurier, 1. Juli 1990: Nestroys Teufeleien im Musikantenstadl

Parodie setzt die Kenntnis dessen voraus, das parodiert wird. Othello und Hamlet entsprechen dieser Voraussetzung, Meyerbeers romantische Oper „Robert der Teufel“, längst vom Spielplan getilgt, nicht. Kein Wunder, daß Johann Nestroys parodierende Zauberposse „Robert der Teuxel“ seit mehr als 130 Jahren nicht mehr gespielt worden ist.

Bei den Nestroy-Spielen auf Schloß Rothmühle in Schwechat riskiert man jetzt die Wiederbelebung eines abgestorbenen Stoffes. Spätestens im Verlauf der Proben dürfte man erkannt haben, daß die Handlung nicht trägt. Zu sehr schleppt sich die Geschichte vom teuflischen Bertram, der seinen irdischen Sohn Robert der Hölle zuführen will, zu kindisch wirkt der Teufelspuk, der rund um die Teufelsmühle und die Spinnerin am Kreuz ausgelöst wird. Auf die musikalischen Zitate aus der Erfolgsoper, die zu Nestroys Zeiten geläufig waren, mußte man sowieso verzichten.

Man ersetzt sie durch Anspielungen auf aktuelle Musicals, Cats und das Phantom der Oper geistern durch das Spiel, gegen den Schluß zu gibt es ein ausgedehntes Potpourri mit Boogie-Woogie, Tango und Landler, es wird gerockt und gejodelt, auch Batman tritt in Aktion. Das ist, bei sympathischen Einsatz des ganzen Ensembles, zweifellos der Höhepunkt des Abends, nur mit Nestroy hat es nicht das geringste mehr zu tun.

Dessen programmatisches „Nur Böses!“, sein Sarkasmus und seine Aggression verpuffen in musikalischer Gefälligkeit. Man erlebt einen Nestroy im Musikantenstadl.

Peter Gruber verantwortet die Verballhornung als Regisseur, von den Mitwirkenden sind Franz Steiner in der teuflischen Nestroy-Rolle und Robert Herret als zuletzt noch geretteter Robert in der Aufmachung eines Rockers zu erwähnen. Als nicht auf den Mund gefallenes Lieserl punktet Isabella Rössler. Die übrigen machen sich, und das ist noch das Beste, eine Hetz aus dem Spiel. (Kurt Kahl)

Kurier, 11. Juli 1990: Robert, der Pop-Teuxel

Zu einem völlig neuartigen Erlebnis wurde für viele Gäste am vergangenen Freitag die Premiere der 18. Nestroy-Spiele. Was im Schloß Rothmühle geboten wurde, war ein erfrischend moderne Version von „Robert der Teuxel“.

Wie auch schon in den 17 Jahren davor, hatte sich am letzten Freitag im Juni einige lokale Prominenz eingefunden, und wie in all den Jahren davor war die Nervosität der Laienschauspieler wieder gewaltig. Doch war das Ensemble heuer bedeutend jünger als bisher, und vor allem die Inszenierung Peter Grubers legte offensichtlich Wert auf Jugendlichkeit.

Die Zuschauer wurden überrascht von einer Vielzahl an Liedern, die einen großteils an Schmissigkeit überboten. Nur auf das klassische Couplet wollte man auch heuer nicht verzichten, wohl um die arrivierte Zuseherschaft nicht zu vergrämen. Doch sonst ist „Robert der Teuxel“ eine grelle, bunte, laute Pop-Oper, die aus einer Vielzahl von Musicals Anleihen genommen hat und damit auch recht gut umzugehen weiß. Hauptmaxime des Regisseurs soll offensichtlich sein „Spaß hat’s gemacht“.

Wohl weniger einigen älteren Besuchern der Rothmühle, die bereits nach dem ersten Applaus den Hof des kleinen Schlosses verließen. (Martin Kubesch)

Neue Kronenzeitung, 1. Juli 1990: Politik, Pop und Pointen

Als hätte sich die EAV über Nestroy hergemacht, so rückhaltlos hat man sich heuer bei den Nestroy-Spielen in der Schwechater Rothmühle dem Schwachsinn verschrieben. Doch der kann beim Regiegeschick Peter Grubers keine Sünde sein: Nestroys skurrile Opernparodie „Robert der Teuxel“ mit Politik, Pop und Pointen angereichert.

Wie heutzutage die Melodien eines Songcontests, so krochen wohl damals die Arien von Meyerbeers Opernerfolg in die Ohren der Wiener. Nestroy dreht Teufelspuk und Kirchenszene einfach durch die Mangel der Parodie und läßt den armen Deixel an der Bosheit der Menschen und an der Wiener Gemütlichkeit scheitern. Schöpfte Nestroy aus dem Fundus der Opernmelodien, so greift sich Peter Gruber sein Showmaterial ganz zeitgemäß aus Musicals, Popsongs und Kinoerfolgen. Zwar wird Batman und Cats eher dick aufgetragen als gekonnt persifliert, doch die Hetz, die man sich mit allen Mitteln macht, ist auf jeden Fall höllisch. Franz Steiner und Robert Herret brillieren als Höllengespann inmitten des gut einstudierten, spielfreudigen Laienensembles St. Jakob. Hauptsache, es hat allen Spaß gemacht. (Konrad Kramar)

Diplomatischer Pressedienst: Nestroy Spiele Schwechat im achtzehnten Jahr

Regisseur Peter Gruber mischt mit seinen Nestroy Spielen heuer ein wahres Höllengebräu. Die Zutaten – eine wilde Mischung: Dallas, der Stil der Fifties, Cats und Batmania. Robert der Teuxel sucht Schwechat heim.

Insgesamt spiegelt die Aufführung die gegenwärtige kulturelle Orientierungslosigkeit in amüsanter Weise wieder.

Niederösterreichische Nachrichten, 4. Juli 1990: Robert der Teuxel treibt sein Unwesen gar bunt

Ein Höllenspektakel wurde im Programm versprochen und ein Höllenspektakel war es dann auch, was das Ensemble der Nestroyspiele dem Publikum in der Rothmühle präsentierte. Mit Blitz und Donnerschlag, tanzenden Teufeln, einem Feuerwerk von Gags und zwischendurch immer wieder schallenden Watschen für den Zeitgeist, der ausländerfeindlich durch das Land irrlichtert.

Das Stück, eine Parodie auf eine, zu Nestroys Zeiten sehr bekannte Oper, wird in der Inszenierung der Nestroyspiele zu einem parodistischen Rundumschlag gegen alles was heute bekannt, berühmt oder berüchtigt ist. Seien es nun Musicals wie Phantom der Oper, Cats oder die Rocky Horror Picture Show, seien es Fernseherfolge wie der Musikantenstadl oder seien es die realen Boshaftigkeiten der Menschen, nichts bleibt verschont.

Die Handlung selbst ist schnell erzählt.

Robert, genannt der Teuxel, ein liederlicher Gesell in Halbstarkennmontur, wird hin und her gerissen zwischen dem Guten in Gestalt von Isabellerl, die ihn aufrichtig schmachtend liebt, und dem Bösen in Gestalt seines Freundes Bertram, eines Teufels Inkognito. Als vielfache Zwischenträger fungieren Lieserl und ihr Verlobter Reimboderl, Bediensteter bei Isabellerls Vater.

Die sich aus dieser Ausgangssituation ergebende Verwicklungen und Versuchungen geben Stoff für zwei Stunden bester Unterhaltung, in denen die Mitglieder des Ensembles ihrer Lust am Spielen freien Lauf lassen können.

Schaun Sie sich das an!

Kurzcharakteristik der Hauptdarsteller: Robert: Ein großspuriger Halbstarker, bar jeder Moral, der zum Guten letztlich nur durch zufälliges Übergewicht der guten Kräfte bekehrt wird. Paraderolle für Robert Herret, die er mit Leib und Seele verkörpert.

Bertram: Ein Teufel der kleinen Boshaftigkeiten, von Franz Steiner mit der abgründigen und doch so lächerlichen Schlechtigkeit des subalternen Befehlsempfängers versehen.

Reimboderl: Der gutmütige bis einfältige Kerl, dargestellt vom vorjährigen Fräulein von Blumenblatt Andreas Bauer. Obwohl er gehängt wird, ist er zum Schießen.

Lieserl: Das robust-kecke Mädel, das sich zu behaupten weiß. Temperamentvoll gespielt von Isabella Rössler.

Isabellerl: Die schmachtend Liebende. Mit guter Stimme singt Heidi Lerner gegen den Chor der Versucher an.

NÖ Kulturberichte, Juli/August 1990: „Das Böse“ bei Nestroy in Schwechat

(…) Das heurige Nestroy-Spiel der Amateurbühne Schwechat, „Robert der Teuxel“, geht auf eine einst populäre normannische Sage zurück, in der ein Kind, das unterirdischen Mächten erst abgetrotzt, ihnen schließlich auch wieder zurückgegeben werden mußte. Sie hat viele Bearbeitungen erfahren, zuletzt als erfolgreiche Oper Meyerbeers. Nestroy parodiert in seiner Posse nicht nur sie, sondern persifliert auch den Stoff, den er im heimatlichen Milieu der „Spinnerin am Kreuz“ ansiedelt, der unheimlichen einstigen Richtstätte. In keinem anderen seiner Werke gibt es so viele Anspielungen auf niederösterreichische Ortsbezeichnungen von Enzersdorf bis Hinterbrühl wie hier.

Peter Gruber tut in seiner Regie noch ein übriges, das facettenreiche Bild noch mit zeitgemäßen Mitteln von Rock- und Popmusik, Fernsehreißern wie Dallas oder Batman, Schnulzenklischees und „Cats“-Motiven auch in den Quodlibets weiter zu brechen. Unter Einbeziehung von Film-Idolen, der Öffnung des Ostens, läßt er ein verwirrend vielschichtiges Panorama einer entfesselten und zugleich verharmlosten Unterwelt billiger TV- und Disco-Effekte von der Bühne ausstrahlen, das dennoch bei aller Verfremdung der Wirkung und Vulgarität einstiger Nestroy-Uraufführungen nahekommen dürfte. (Lore Toman)