Der Unbedeutende

6. NESTROY Spiele Schwechat

Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Schwechater Nestroy-Spiele, auch jene Werke Nestroys vorzustellen, die ansonsten kaum oder gar nicht gespielt werden. Dazu zählten in den vergangenen Jahren die Lokalposse „Weder Lorbeerbaum noch Bettelstab“ oder etwa „Eulenspiegel oder Schabernack über Schabernack“.

Auch heuer ist wieder ein eher unbekanntes Stück an der Reihe: „Der Unbedeutende“, eine Posse mit Gesang in drei Akten, uraufgeführt am 2. Mai 1846 im Leopoldstädter Theater.

Regie

Peter Gruber

Bühne

Guido Salzer

Kostüme

Hert Mock

Musik

Edith Muck

Maske

Eveline Bolaffio

Hüte

Gertrude Pfertner

Reuqisite

Robert Herret

Technische Leitung und Beleuchtung

Alfred Stepan, Franz Schulcsik

Inspizient

Walter Mock

Souffleuse

Herta Mock
BARON VON MASSENGOLD
Peter Bolaffio
FRÄULEIN OTTILIE dessen Verwandte
Gertrude Pfertner
HERMINE Mündel des Barons
Andrea Schmidt
PUFFMANN Sekretär
Horst Kummerfeld
VON GRÖNING ein junger Holländer
Michael Rosner
VON PACKENDORF
Franz Steiner
VON LOCKERFELD
Walter Sailer
VON SEEWALD
Willibald Mürwald
VON ALTHOF
Fritz Pfertner
TUPPER Kammerdiener
Hans Eder
RUMPF Schloßwächter
Josef Sehnal
FRANZ Bedienter
Kurt Kratky
FRIEDRICH Bedienter
Bruno Reichert
HEINRICH Bedienter
Peter Müller-Uri
WIRTIN
Andrea Schmidt
PETER SPAN Zimmermann
Robert Herret
KALRA seine Schwester
Maria Seis
THOMAS PFLÖCKL Zimmermann
Dietmar Liegl
FRAU HUSSBERGERIN Wäschein
Annemarie Sehnal sen.
HÄNSCHEN ihr Sohn
Michaela Mock
KLOPF Kempner
Fritz Pfertner
FRAU KLOPFIN seine Frau
Christine Burger
NETTI beider Tochter
Christine Mock
KÜBLER Bindermeister
Willibald Mürwald
FRAU KÜBLERIN seine Frau
Irene Stern
SUSI beider Tochter
Annemarie Sehnal jun.
SCHMALZER Greißler
Peter Müller-Uri
FRAU SCHMALZERIN seine Frau
Eveline Bolaffio
FLACHS Weber
Josef Sehnal
FRAU FLACHSIN seine Frau
Christine Liegl
SPRING Schneidergeselle
Michael Rosner
BIEGL Schneidergeselle
Kurt Kratky
LEICHT Schneidergeselle
Bruno Reichert

1. Akt
Puffmann hilft Gröning, seine geliebte Hermine zu entführen. Um eine Hochzeit zu ermöglichen, hat Puffmann Hermines Geburtsschein, den ihr Vormund verwahrt, gefälscht. Eine Kopie händigt er Gröning aus. Für seine Hilfe bekommt Puffmann 1.000 Gulden. Vor allem wollte er mit dieser Entführung jedoch eine Hochzeit von Baron Massengold und seinem Mündel verhindern, um seinen Einfluß auf den Baron nicht zu verlieren. Auch Ottilie war bei der Flucht behilflich. Sie wollte sich an Massengold rächen, weil er ihre Liebe verschmähte. Allerdings erschrickt sie, als sie von Puffmanns Urkundenfälschung erfährt. Sie fürchtet, als Mitwisserin vor Gericht gestellt zu werden. Eilig verläßt sie den Ort der Entführung. Auch Puffmann will schnell verschwinden. Er beschließt, mit einem Boot über den Fluß zu setzen. Als er sich dem Wasser mit einem Anlauf nähert, tritt Thomas aus dem Gebüsch. Freundlich besteht er darauf, Puffmann in die Stadt zu begleiten. Er macht Andeutungen, aus denen Puffmann schließt, sein Gespräch mit Ottilie habe einen Zeugen gehabt. Um Thomas loszuwerden, gibt er ihm 10 Gulden, doch der unliebsame Begleiter verläßt ihn erst in der Stadt und nach dem Erhalt weiterer 20 Gulden. Auf dem Schloß wartet Massengold bereits sehnsüchtig auf seinen Sekretär. Als Puffmann endlich eintrifft, wird er von Tupper gewarnt: Massengold habe bereits mehrmals dringend nach ihm verlangt, und nun seien dessen Freunde auf der Suche nach ihm. Sobald Hermines Verschwinden bekannt würde, falle sicherlich ein Verdacht auf Puffmann, der ihn zwinge, ein Alibi vorzulegen. Ängstlich und verwirrt versucht Puffmann, sich eine Ausrede zurechtzulegen. Wegen der Suche nach ihm, wird es sehr schwierig sein, einen glaubhaften Aufenthaltsort für die fragliche Zeit anzugeben. Unerwartet trifft er auf Thomas. Mit dem letzten Zehngulden-Schein hatte Puffmann ihm versehentlich einen Brief gegeben, so daß Thomas weiß, wer und wo Puffmann ist. Erneut gibt Puffmann ihm Geld und versucht, ihn eilig loszuwerden. – Auftrittslied Peter I, 13 (R: „So Ideen bilden unter mein Dachstuhl sich aus, / So oft ich ein Dachstuhl wo setz auf a Haus.“). – Spät am Abend will Thomas seiner zukünftigen Schwiegertochter Klara einen Besuch abstatten, doch Peter legt größten Wert auf den untadeligen Ruf seiner Schwester und verweigert Thomas den Eintritt. Stolz erzählt Thomas von seinem neuen reichen Freund. Unterdessen folgt Hansi seiner Mutter aus Angst vor Gespenstern vor das Wirtshaus. Sie befiehlt ihm, vor der Tür zu warten. Dort findet Puffmann ihn schlafend. Er weckt den Jungen und gibt ihm drei Silbertaler. Dafür soll der Kleine auf keinen Fall erzählen, daß er den fremden Mann bei Klara gesehen hat. Wie von Puffmann erwartet, dauert es nicht lange, bis Hansi seiner Mutter von dem Mann mit den Silbertalern erzählt und Puffmann auf diese Weise ein Alibi verschafft. In Windeseile verbreitet sich das Gerücht in der ganzen Nachbarschaft. Peter bemerkt zwar das merkwürdige Verhalten der Leute, ist sich jedoch keiner Schuld bewußt und mißt ihm deshalb keine Bedeutung zu.

2. Akt
Massengold ist über Hermines Flucht sehr traurig. Wie erwartet wird Puffmann der Beihilfe zur Entführung verdächtigt. Scheinbar verschämt gibt er an, den Abend des 7. September bei Klara verbracht zu haben. Massengold ist über diese Entlastung seines Sekretärs sehr erfreut, doch Lockerfeld will Puffmanns Aussage auf ihre Richtigkeit überprüfen. Der Baron ist von Puffmanns Unschuld überzeugt und überlegt, wie er Hermine zurückbekommen könnte. Zu diesem Zweck will er Hermines Geburtsschein bei Gericht einreichen. Zunächst erschrickt Puffmann bei diesem Gedanken, doch er ist sich sicher, daß man ihn nicht als Täter der Urkundenfälschung überführen kann. Umso größer ist sein Schreck, als Thomas plötzlich eintritt, der von ihm 500 Gulden erbittet, um seinen Sohn Josef vom Militärdienst freizukaufen. Zähneknirschend bezahlt Puffmann dem stets höflichen Thomas das Verlangte. In der Zwischenzeit wurde die Fälschung des Geburtsscheins entdeckt. Massengolds Freunde sind überzeugt, daß der Entführungshelfer auch der Urkundenfälscher ist. Nach wie vor hat man Puffmann in Verdacht. Doch Lockerfeld berichtet, daß die gesamte Nachbarschaft von Klaras nächtlichem Besucher wisse, Puffmann demnach über jeden Verdacht erhaben sei. Beruhigt nimmt Puffmann die allgemeinen Entschuldigungen entgegen. Auf dem Kirchweihfest zieht das Gerücht um Klaras zwielichtigen Lebenswandel immer größere Kreise. Zunächst bezieht Peter das auffallend abweisende Verhalten der Leute nicht auf sich, doch als Klara mit Thomas tanzt, verlassen alle Paare den Tanzboden. Daraufhin stellt Peter die Menge zur Rede. Zögernd erzählen die Leute, was sie wissen. Peter ist außer sich. Er will die Anschuldigungen nicht glauben, doch die Nachbarn berufen sich auf Zeugen. Aufgefordert, sich zu rechtfertigen, bringt Klara kein Wort heraus und bricht in Tränen aus, was alle als Schuldeingeständnis sehen. Erst allein mit Peter findet sie ihre Sprache wieder und beteuert ihre Unschuld. Peter glaubt ihr, doch Thomas hat mittlerweile mit Hansi gesprochen und das Schweigegeld gesehen. Nun will er seinem Sohn von dieser Untreue schreiben. Klara ist am Boden zerstört. Ihr Bruder ist fest entschlossen, dem Ursprung der Verleumdung auf den Grund zu gehen.

3. Akt
Auch auf Ottilie ist jetzt ein Verdacht gefallen, doch kann man weder ihr noch Puffmann eine Beteiligung an der Entführung nachweisen. Peter will mit Hansis Hilfe den Mann finden, der dem Jungen das Geld gab. Vor dem Schloß zeigt er dem Kleinen alle Herren, doch Hansi kann den Täter nicht identifizieren. Trotzdem gibt Peter nicht auf. Er bietet Hansi 20 Kreuzer, wenn er alle Herren anspreche und sich im Namen seiner Mutter für das Geld bedanke. Tatsächlich tappt Puffmann in die Falle. Er gibt Hansi erneut drei Taler und bittet ihn, auf keinen Fall wiederzukommen. Von Rumpf erfährt Peter Namen und Rang des Unbekannten. Um sich der Unschuld seiner Schwester zu versichern, entscheidet Peter sich dafür, Puffmann und Klara gegenüberzustellen. Bei dieser Gelegenheit würde sich erweisen, ob sie sich wirklich völlig fremd sind. – Lied Peter III, 16 („Es thut Einer prassen“). – Thomas bittet Puffmann um 2.000 Gulden. Er brauche das Geld, weil Klara, die Braut seines Sohnes, durch eine Verleumdung ihren guten Ruf verloren habe. Nun wolle er mit dem Paar in die Fremde reisen, wo Klara mit einem unbeschädigten Ruf heiraten könne. Sofort ist Puffmann bereit, das Geld zu zahlen, allerdings unter der Bedingung, daß Thomas dem Urheber der Verleumdung verzeiht. Thomas ist einverstanden. Ohne Anmeldung erscheint Peter mit Klara bei Puffmann. Schnell erkennt er, daß die beiden sich noch nie gesehen haben. Er schickt seine Schwester aus dem Zimmer. Dann sagt er Puffmann dessen Verleumdung auf den Kopf zu. Der behauptet zunächst, es handle sich um einen Irrtum. Als Peter ihm an den Kragen will, bietet er ihm Geld an, doch Peter erweist sich als unbestechlich. Statt Geld verlangt Peter eine öffentliche Erklärung vor Zeugen über Puffmanns Tun am Abend des 7. September. Puffmann bietet Peter jede Summe, wenn er nur nicht aufdecken müsse, was er an dem fraglichen Abend gemacht habe. Dies bringt Peter auf die Idee, eigene Nachforschungen über Puffmanns Verbleib an diesem Tag anzustellen, da sich offensichtlich ein Geheimnis dahinter verbirgt. Er droht Puffmann: „Wart nur, Bedeutender, du sollst die Bedeutendheit des Unbedeutenden empfinden.“ Um Zeit zu gewinnen, verspricht Puffmann, auf Peters Forderung einzugehen. Er ruft Tupper zu sich und erläutert ihm leise die Situation. Der Kammerdiener rät, Peter vorerst in Arrest zu nehmen. Allein im Zimmer kommt Peter der Gedanke, in eine Falle getappt zu sein, doch er vertraut darauf, irgendwie aus der Sache herauszukommen. In diesem Moment erscheint Tupper mit seinen Leuten, um Peter zu verhaften, doch wird er durch das Eintreten Packendorfs gestört, der seinerseits Tupper verhaften läßt. Peter ist erstaunt über seinen unbekannten Retter. Gerne erklärt Packendorf die Situation: Klara hatte von der geplanten Arretierung gehört und Packendorf, den sie für den Gutsherrn hielt, um Hilfe gebeten. Auch Packendorf ist von Klaras Unschuld überzeugt. Da er ein großes Interesse daran hat, Puffmanns Verbleib am 7. September aufzuklären, schlägt er Peter einen Plan vor. Packendorf hat Massengold zu einem Ausflug zum Nachkirchtag überredet. Diese Initiative kommt Puffmann verdächtig vor. Nur halbherzig versucht er, die ängstliche Ottilie zu beruhigen. Zum allgemeinen Erstaunen erscheinen Peter und Klara. Vor aller Öffentlichkeit zwingt Peter Puffmann zuzugeben, Klara nicht zu kennen und Hansi für die Falschaussage Geld gegeben zu haben. Daraufhin verlangt Massengold von Puffmann, seinen Aufenthaltsort am 7. September zu offenbaren. In letzter Sekunde kommt Puffmann die rettende Idee. Er nimmt Massengold beiseite und erklärt ihm vertraulich, es habe mit dem Besuch bei Klara durchaus seine Richtigkeit, doch aus Rücksichtnahme solle dieser Fall nicht weiter verfolgt werden. Gerne will Massengold auf diese Bitte eingehen, doch Peter besteht auf einer lückenlosen Aufklärung, um seine Schwester von jedem Verdacht zu befreien. Unerwartet meldet Thomas sich zu Wort. Die Sache scheint für Puffmann endgültig verloren, doch zu seinem Erstaunen stellt sich heraus, daß Thomas das kompromittierende Gespräch gar nicht gehört hat. Thomas hatte nur gesehen, daß Puffmann zum Wasser ging. Nun glaubt er, er habe Puffmann vor einem Selbstmord bewahrt. Auf die Schnelle muß Puffmann jetzt einen möglichen Grund für einen Selbstmord angeben. In seiner Not spricht er von einer unglücklichen Liebe. Massengold äußert sofort die Vermutung, es könne sich nur um Ottilie handeln. Dankbar greift Puffmann den Gedanken auf. Gleichzeitig bittet er Ottilie leise, in eine Heirat nicht einzuwilligen. Doch Ottilie fürchtet, erneut Verdacht zu erregen. Freudig kündigt Massengold für den kommenden Sonntag eine Doppelhochzeit von Josef und Klara und Puffmann und Ottilie an.

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner

Annemarie Sehnal sen., Michaela Mock

Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Schwechater Nestroy-Spiele, auch jene Werke Nestroys vorzustellen, die ansonsten kaum oder gar nicht gespielt werden. Dazu zählten in den vergangenen Jahren die Lokalposse „Weder Lorbeerbaum noch Bettelstab“ oder etwa „Eulenspiegel oder Schabernack über Schabernack“.

Auch heuer ist wieder ein eher unbekanntes Stück an der Reihe: „Der Unbedeutende“, eine Posse mit Gesang in drei Akten, uraufgeführt am 2. Mai 1846 im Leopoldstädter Theater.

Der überragende Erfolg dieses Stückes (es erlebte 92 Vorstellungen und Nestroy wurde bei der Premiere 35 Mal vor den Vorhang gerufen) hatte mehrere Ursachen: Zunächst die Tatsache, daß sich Nestroy nach einer vehementen und gehässigen Pressekampagne, die gegen ihn geführt worden war, mit diesem in Ruhe konzipierten und meisterhaft durchgearbeiteten Werk glänzend rehabilitierte. Sogar seine Feinde gestanden diesem „Unbedeutenden“ zu, ein „bedeutendes Ereignis“ zu sein und „eine neue Phase in der Entwicklung der Volksposse einzuleiten“. Und tatsächlich markiert dieses Stück den wichtigsten Wendepunkt in Nestroys Schaffen, die Hinwendung zum realistischen „bürgerlichen Sittenstück“, das später durch Anzengruber zu einer neuen Blüte geführt wurde.

Der zweite Grund für den Triumph des Stückes lag wohl in der Zeit selbst, in der vorrevolutionären Stimmung, die knapp zwei Jahre vor 1848 in Wien schwelte. Die wirtschaftliche Situation wurde für die Kleinbürger und Arbeiter immer trister, die Empörung über die Bevormundung, Unterdrückung und Bespitzelung durch die Schergen Metternichs wuchs von Tag zu Tag. Und nun verwirklichte dieser kleine, ehrliche, von Nestroy dargestellte Zimmermann Peter Span mit seinem mutigen Auftreten gegen die adeligen Machthaber und ihre korrupten Handlanger einen langgehegten, geheimen Zuschauerwunsch: es „denen da oben“ endlich einmal zu zeigen. Sein Aufbegehren zeugt vom steigenden Selbstbewußtsein der kleinen Leute, ist Vorbote der Revolution von 1848. Der private Kampf eines tapferen Einzelgängers um seine Ehre setzt sich zwei Jahre später fort als Kampf von Bürgern und Arbeitern um demokratische Rechte und Freiheiten sowie wirtschaftliche Besserstellung.

Peter Span ist arm. Obwohl er fleißig und sparsam ist, verdient er gerade soviel, daß er sich und seine Schwester ernähren kann. Während die Armut seinen Freund und Arbeitskollegen Thomas an den Rand der Kriminalität bringt (er erpreßt den reichen Sekretär Puffmann in unverschämter Weise), versucht Peter Span mit Anständigkeit und Selbstbescheidung durchzukommen. Umso heikler ist er auf das, was ihm „genauso wie den Reichen zusteht“, seine Ehre. Und gerade die wird durch die Machenschaften des korrupten, bürgerlichen Karrieristen Puffmann befleckt, der ein Alibi benötigt. Span greift zur Selbsthilfe, weil er von niemandem Unterstützung erwarten kann, am wenigsten von den „hohen Herren“ im Schloß. Denn der unschlüssige Baron und seine dekadenten Parasiten finden Puffmanns angebliches Abenteuer mit Peter Pans Schwester amüsant und nicht der Rede wert, solange bis sie von Span gezwungen werden, Puffmann fallen zu lassen und Klaras Ehre in aller Öffentlichkeit wieder herzustellen. Sie tun es jedoch nur, weil einer von ihnen dem Sekretär eins auswischen möchte, und nicht so sehr aus moralischen Gründen oder um den Geschädigten zu ihrem Recht zu verhelfen. Für sie ist sogar der Kampf Spans um seine bürgerliche Existenz nicht mehr als Zeitvertreib. Kein Wunder, daß diese Adeligen vom Volk nicht mehr gewollt werden.

Aber Nestroy wäre nicht Nestroy, wenn er nicht auch die Fehler und Schwächen der kleinen Leute kritisch brandmarkte: ihre Gehässigkeit, ihre Vorurteile, ihre Neugier und Intoleranz. Selbst die Figur des lauteren Peter Span ist nicht eindimensional: Sein Mut, seine Beharrlichkeit, sein Sinn für Gerechtigkeit, seine Sparsamkeit und Bescheidenheit stehen manchmal an der Grenze zu Engstirnigkeit, Selbstgerechtigkeit, Pedanterie und Spießigkeit. Bei aller Bejahung dieses Mannes und seines gerechten Anliegens sind die potentiellen Gefahren „kleinbürgerlicher Denkungsart“ nicht zu übersehen. Es ist eine wichtige Aufgabe der Interpretation, diese zweite Seite in Spans Charakter nicht zu verhehlen und ihn dennoch als Identifikationsfigur zu erhalten. Vielleicht ist diese Schwierigkeit einer der Gründe, warum „Der Unbedeutende“ nicht häufiger auf den Spielplänen zu finden ist, obwohl er zu den bedeutendsten und schönsten Stücken Nestroys zählt.