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Burgtheater

Zettelträger Papp oder Meine Frau hat eine Grille

Ein Vorspiel und zwei Einakter
von Johann Nestroy

Premiere 27. März 2004

[Pressestimmen]

Der neue Nestroy-Abend von Robert Meyer bietet 3 mal Nestroy pur - neben dem Dauerbrenner „Frühere Verhältnisse“ stehen die Theatersatire „Zettelträger Papp“ und die Posse „Ein gebildeter Hausknecht“, eine Art wienerisches „Così fan tutte“ auf dem Programm, alle drei thematisch und motivisch eng miteinander verzahnt. Vom Früh- zum Spätwerk schlägt dieser Abend einen Bogen und zeigt auch im Unbekannten den bekannten Nestroy: sarkastischer Witz, treffsichere Satire, tiefschwarze Philosophie.

Regie Robert Meyer
Bühne Christoff Wiesinger
Kostüme Elke Gattinger / Christoff Wiesinger
Musik Otmar Klein
Licht Friedrich Rom
Dramaturgie Hans Mrak

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zettelträger papp abstand

„Zettelträger Papp“
Robert Meyer, Paul Wolf-Plottegg

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„Zettelträger Papp“

Papp Robert Meyer
Kieselbach Paul Wolff-Plottegg
Andres Branko Samarovski

Theaterfreund Kieselbach hat anlässlich des Geburtstags seiner Frau eine Truppe fahrender Schauspieler in sein Haus bestellt – denn die Frau Gemahlin hat eine große Schwäche für das Theater. Immerzu ärgert sie sich darüber, keinen „weiblichen Heroismus“ mehr auf den Bühnen vorzufinden und „erhofft sich daher vom heutigen Stück, dass zarte weibliche Wesen der neuesten Zeit als Heldinnen erscheinen“. Kieselbach selbst ist auf die Vorstellung ebenfalls sehr neugierig, liebt doch auch er das Theater, aus anderen Gründen freilich als seine Frau: etwas Neues will er sehen, „ob gut oder schlecht, das ist einerlei, wenn’s nur etwas Neues ist“. Man erwartet daher schon voll Ungeduld die Ankunft des Zettelträgers mit den Programmankündigungen. Doch Papp, der mit Sehnsucht erwartete Gast, entpuppt sich als mehr als nur ein gewöhnlicher Zettelträger: Er findet seine Erfüllung zum einen selbst im Rampenlicht – was er mit einer höchst eigenwilligenInterpretation von Hamlets berühmten Monolog („Wem g’hörts: Mein oder sein?“) unter Beweis stellt. Zum anderen erweist er sich – sehr zur Bestürzung seines Gastgebers – als eifriger Bearbeiter von Stücken, und zwar so, „dass sie in die neuesten Zeiten passen“.

„Die Schillerischen Stück haben alle durch die Bank einen schlechten Schluß. Z.B. nehmen wir den ‹Don Carlos›. [Ich habe das meinige gethan, thun Sie das Ihrige. Ist das ein Ausgang für ein honettes Stück?] Nach meiner Bearbeitung heiratet der Don Carlos die Prinzessin Eboli; Herzog Alba macht den Brautführer, und die Marquisin von Montican, die sie im dritten Akt nach Frankreich fortschummelt, die kommt als Kranzeljungfer zurück. Und so passt die G'schicht prächtig in unser Jahrhundert!“

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ein gebildeter hausknecht
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„Ein gebildeter Hausknecht“
Paul Wolf-Plottegg, Robert Meyer, Petra Morzé, Branko Samarovski

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„Ein gebildeter Hausknecht“

Bernhard Robert Meyer
Auguste Petra Morzé
Frohberg Paul Wolff-Plottegg
Rosa Regina Fritsch
Knitsch Branko Samarovski

Kaufmann Frohberg, der sich im Hotel der Familie Bernhard – vom Handbuch für Reisende als „sehr solides“ Haus empfohlen – einquartiert, sorgt für Unruhe: Denn der Gast interessiert sich allem Augenschein nach mehr für die schöne Wirtin Auguste als für das herrliche Alpenpanorama: Er macht der schönen Frau recht unverschämt den Hof. Doch Frohberg ist sozusagen in geheimer Mission unterwegs. Bernhard, sein Freund, hat ihn gebeten, die Treue seiner Frau in seiner Abwesenheit auf die Probe zu stellen. Im Hausknecht Knitsch findet er bald einen Verbündeten. Der liebt die Frauen und holt zum Beweis dafür sein Poesiealbum, in das sich alle seine Geliebten mit einem Vers eingetragen haben – ob Millifrau aus der Vorstadt, „Patent-Paraplui-Fabrikantensgattin mit Fischbeingstell und Seidenüberzug auf der Hauptstraßen“ oder gebildete Greißlerstochter:

„Deinem Gedächtnis nie entwische
die Erinnerung an die Greißlerische.
In deines Herzens Grund sei eine Nische,
drin steh’ ein Bild, es sei die Greißlerische.
Sie wünscht nicht Putz, nicht Samt, nicht Seidenplüsche,
ein liebend Herz nur wünscht die Greißlerische.
Sollt' welken sie zum Grab in Jugendfrische,
so pflanz ein Blümlein für die Greißlerische.
Wenn jenseits dann die Höll’ dich auch umzische,
es naht ein Engel dir, die Greißlerische!“

Nach anfänglichem Zögern eröffnet Knitsch seinem neuen Freund, dass Auguste einen Liebhaber habe – allerdings weigert er sich, Namen zu nennen, so daß Frohberg nicht erkennt, daß Knitsch von sich selbst spricht. Denn der glaubt Auguste leidenschaftlich für sich entflammt: „Ein himmlisches Weib! Aber nur nicht so grässlich eifersüchtig wenn sie wär’! Sie kann nicht vertragen, wenn ich nur red’ mit einer.“ Die Ankunft von Rosa Frohberg, der unterwegs von Bernhard „die Cour gemacht“ wurde, und die in Auguste eine alte Jugendfreundin und nun Leidensgenossin erkennt, sowie ein ominöser französischer Liebesbrief, der von Knitsch, dem „in Straßburg, also überrheinisch gebildeten“, den beiden Ehemännern als angebliches Beweisstück für Augustes Seitensprung präsentiert und übersetzt wird, bringen ein sich immer schneller drehendes Karussell von Irrungen und Wirrungen in Gang, in der alle Beteiligten bald die Übersicht verlieren, wer treu, wer treulos ist …

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frühere verhältnisse
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„Frühere Verhältnisse“ Petra Morzé, Branko Samarovski, Regina Fritsch, Robert Meyer

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„Frühere Verhältnisse“

Muffl Robert Meyer
Josephine Petra Morzé
Herr von Scheitermann Branko Samarovski
Peppi Amsel Regina Fritsch

Der Haushalt des Holzhändlers Scheitermann steht Kopf: Er hat seinen Hausknecht beim Zigarrenstehlen erwischt, Frau Josephine hat die Köchin entlassen, weil ihr Gemahl der guten Sali einmal zu oft „die Wangen gestreichelt“ hat. Doch wie’s der Zufall will, schneien just an diesem Tage zwei neue Anwärter ins Haus: Peppi Amsel, in früheren Verhältnissen Köchin in Josephines Elternhaus, später „stabile erste Liebhaberin auf ambulanten Bühnen“, nie jedoch an einem „guten“ Theater, „wo in jeder Loge ein Millionär und auf jedem Fauteuil ein Kapitalist sitzt“ und deshalb „enttäuscht von der Theaterwelt“, möchte wieder „ein glücklicher Dienstbot“ bei ihrer ehemaligen „Fräul’n“ werden. Und Muffl, ein schuldlos in die Pleite geratener Unternehmer, der sich um eine Stelle als Hausknecht bewirbt: er hat ein bewegtes Leben hinter sich – Bankrott, „Schuldenarrest, Unterstandslosigkeit, gänzliches Verkommen waren die reizende Stufenleiter nach abwärts“. Die Überraschung ist groß, als die beiden Männer feststellen, dass fatale frühere Verhältnisse sie verbinden: Scheitermann, aufgestiegen durch Heirat mit der Professorentochter, war ehemals Muffls Hausknecht, und ist natürlich ängstlich darauf bedacht, sein unwürdiges Vorleben vor seiner Gattin zu verbergen. Muffl erkennt rasch, dass sich daraus vor allem finanzielle Vorteile ziehen lassen. Doch als er auf Peppi trifft und sie für seine Dienstgeberin hält, glaubt er, Scheitermann über das anrüchige Vorleben seiner Frau aufklären zu müssen: Denn sie hatte ein früheres Verhältnis mit Muffl, den sie aber zugunsten reicher Russen und Engländer sitzenließ …

„Törichte Wurmin, die ich mit etliche mehrsilbige Worte vernichten kann! Die früheren Verhältnisse deines Gatten, dein früheres Verhältnis mit mir, das ist alles so despektierlich, daß ihr zittern müßt vor mir wie Espenläube! O, ich will euch ein furchtbarer Hausknecht sein!“

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