Wien Einen Nestroy neu kündigten die Veranstalter des Ersten Wiener Theaterpreises am Mittwoch bei einem Pressegespräch an. Bekannt gegeben wurden auch die Nominierungen der diesjährigen Kandidaten sowie bereits feststehende Jury-Preisträger.
„Weg von der Gala“
„Wir wollen etwas weg von der Gala, die ein bisschen die Oscar-Verleihung abkupfert“, erläuterte Juryvorsitzende Karin Kathrein. Die diesjährige Verleihung findet am 15. November im Ronacher statt, nicht in Zuschauerreihen sondern zwanglos an Tischen.
Die „Nicht-Moderation“ übernimmt das Grazer Theater im Bahnhof (TiB), das im Vorjahr mit ?LKH Eine Theaterserie? den ?Nestroy? für die beste Off-Produktion gewonnen hat. ?Es soll ein Abend zwischen Glamour und Depression werden?, versprach Helmut Köpping vom TiB. Das Ensemble bereitet im Rahmen einer Show das Terrain für einen gewissen ?Schallbert Gilet? (alias Köpping) einen Moderator, den man zufällig bei der Expo in Hannover kennen gelernt haben will.
Musikalisch begleitet wird der Abend mit provokanten Wienerliedern vom Kollegium Kalksburg. Die Theaterserie LKH wird derzeit übrigens gerade als Sitcom adaptiert und geht, falls die Pilotsendung Gefallen findet, im Herbst 2004 als neue ORF-Comedy auf Sendung.
Nominierungen und Preisträger
Im Rennen um die beste deutschsprachige Aufführung ist nach drei Kandidaten aus Deutschland und der Schweiz im Vorjahr heuer auch wieder eine österreichische Produktion dabei: Neben zwei verschiedenen Nora-Inszenierungen von Stephan Kimmig am Hamburger Thalia Theater und von Thomas Ostermeier an der Berliner Schaubühne wurde Andrea Breths Emilia Galotti-Inszenierung am Akademietheater nominiert.
Als beste Off-Produktion der vergangenen Saison prämiert wird soviel steht vorab fest die Inszenierung Mein Kampf von Tina Leisch und Hubsi Kramar im Obdachlosenheim in der Wiener Meldemannstraße.
Breth rittert neben Matthias Fontheim (Schnitzlers Das weite Land am Grazer Schauspielhaus) und Nicolas Stemann (Elfriede Jelineks Das Werk am Akademietheater) auch um die beste Regie. Für die beste Ausstattung sind Franz Lehr (Innerhalb des Gefrierpunktes, Koproduktion Graz 2003/Düsseldorfer Schauspielhaus), Bert Neumann und Jan Speckenbach (Forever Young, Koproduktion Volksbühne Berlin/Wiener Festwochen) und Etienne Pluss (Die Zeit der Plancks, Burgtheater) nominiert.
Als beste Schauspielerinnen starten Andrea Clausen (Orsina in Emilia Galotti, Akademietheater), Maria Happel (Maria in Die Zeit der Plancks) und Monique Schwitter (Marie in Woyzeck und Janis Joplin in Janis Joplin, Schauspielhaus Graz); als beste Schauspieler Joachim Bißmeier (Moritz Meister in Über allen Gipfeln ist Ruh, Theater in der Josefstadt), Markus Hering (Dirigent in Chorphantasie) und Wolfgang Hübsch (Dorfrichter Adam in Der zerbrochene Krug, Volkstheater, und Bruscon in Der Theatermacher, Sommerspiele Reichenau).
Für die beste Nebenrolle wurden der Atzgersdorfer Männergesangsverein 1880 (in Das Werk), Traute Hoess (Anne in Über allen Gipfeln ist Ruh) und Brigitte Karner (Gina in Die Wildente, Theater in der Josefstadt) nominiert. Als bester Nachwuchs treten Julia Cencig (Lulu in Lulu, Volkstheater/Forum U3), Gertrud Drassl (Hedwig in Die Wildente, Theater in der Josefstadt) und Simon Jaritz (Richard in Richy 3 und Seekadett Heywood in Meuterei auf der Bounty, Theater der Jugend) an.
Für den im Vorjahr eingeführten Spezialpreis für besondere Leistungen im Theaterbereich kommen die Internet-Zeitung Beamer des Theater der Jugend Wien, das Programm Die neue Selbstständigkeit des Kabarettisten Thomas Maurer und Noch ist Polen nicht verloren, eine Koproduktion des Wiener Metropol mit dem Stadttheater Klagenfurt, in Frage.
Mit Gusti Wolf, die für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wird, und Gert Jonke, dessen Chorphantasie (Koproduktion Graz 2003/Burgtheater) zum besten Stück gekürt wird, habe man sich für zwei Zauberwesen entschieden, so Kathrein.
... der davon lebt, dass man darüber spricht.
In der Jury (für 2002/2003 Eva Maria Klinger/ORF Fernsehen, Maria Rennhofer/ORF Hörfunk, Caro Wiesauer/Kurier, Christoph Hirschmann/Die Bühne, Wolfgang Huber-Lang/APA-Austria Presse Agentur, Thomas Gabler/Neue Kronen Zeitung und Frido Hütter/Kleine Zeitung) folgt ab der diesjährigen Saison der ehemalige Kulturchef der Oberösterreichischen Nachrichten, Franz Schwabeneder, dem ausscheidenden Frido Hütter nach.
Der ORF überträgt die diesjährige Verleihung wieder zeitversetzt, am 15. November um 22.35 in ORF 2. Bezug nehmend auf die Übertragung der vorjährigen Gala, die wegen der politischen Kommentare von Laudator Andre Heller und Moderatorin Andrea Eckert für Aufregung und Kontroversen gesorgt hatte, bedankte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S) sich bei den Kooperationspartnern der Stadt, dem Hauptsponsor Erste Bank und dem ORF, dass es auch nicht den Bruchteil einer Sekunde Diskussionen darüber gegeben hat, den Preis fortzusetzen, der, so der Kulturstadtrat, davon lebt, dass man darüber spricht.
Der Nestroy habe sich seit seiner ersten Verleihung im Herbst 2000 international etabliert und sei seiner Intention, besondere Produktionen im Sinn eines Lobbying für das Theater hervorzuheben, gerecht geworden, so Mailath-Pokorny. Der unmittelbare Beitrag der Stadt Wien besteht in der Subventionszusage für eine nachfolgende Theaterproduktion des Nestroy-Preisträgers für die beste Off-Produktion. Das Theater im Bahnhof als Vorjahres-Preisträger wird damit im Frühjahr 2004 eine Produktion bestreiten, die, so der Kulturstadtrat, volksstückhafte Einblicke in einen österreichischen Regierungsalltag bietet.
Veranstalter des Nestroy ist der Verein Wiener Theaterpreis. Die Preise werden entweder von der Jury selbst oder von der Nestroy-Preis-Akademie vergeben, in die alle Besitzer der Kainz-Medaille, die Träger des Nestroy-Ringes, Vertreter und Mitglieder des Wiener Bühnenvereins und der Bundesländerbühnen sowie sämtliche Nominierte der Nestroy-Verleihungen 2000 und 2001 eingeladen sind.
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