Zu ebener Erde und erster Stock

oder Die Launen des Glücks

Lokalposse mit Gesang in 3 Aufzügen
Uraufführung
24. September 1835, Theater an der Wien (134 Aufführungen)
Druck
1838
Nestroy-Rolle
Johann, Bedienter (Rollenverzeichnis 559)
Musik
Adolf Müller
Nachweise: Hilmar S. 63 f.
Überlieferung
Gladt S. 35f.
Hadamowsky 1928, S. 130
1934, S. 147
SW Bd. 8, S. 131–167
GW Bd. 2, S. 728f.
HKA Stücke 9
Werkausgaben (Stücktext)
CG Bd. 1, S. 1–62
SW Bd. 6, S. 1–138
GW Bd. 2, S. 425–549
HKA Stücke 9 (Hg.: Hüttner)
Musik (erhältlich)
Musik (erhältlich)
Musik (erhältlich)
Übersetzungen
französisch 1842
italienisch 1974
Literatur
HKA Stücke 9
Hein, Jürgen: Possen- und Volksstück-Dramaturgie im Vormärz-Volkstheater. Zu Johann Nestroys Zu ebener Erde […] und Der Unbedeutende. Der Deutschunterricht 31 (1979), H. 2, S. 122–137. Potter, P. M.: Nestroy’s Zu ebener Erde […]. A Reappraisal. Forum f. Modern Language Studies 13 (1977), S. 136–144
Valentin, Jean-Marie: Nestroy sur la Scène Française. Du haut en bas ou Banquiers et fripiers (Mélesville et Carmouche) et Zu ebener Erde und erster Stock (Nestroy). In: Stieg/Valentin (Hg.) 1991, S. 177–192 (Text von Mélesville/Carmouche S. 195–296)
NESTROY Spiele Schwechat
NESTROY Spiele Schwechat
NESTROY Spiele Schwechat
Herr von Goldfuchs Spekulant und Millionär
Emilie seine Tochter
Johann Bedienter
Fanny Kammermädchen
Friedrich, Anton Bediente, alle im Goldfuchsschen Haus
Schlucker ein armer Tandler
Frau Sepherl sein Weib
Adolph, 21 J. Tagschreiber bei einem Notar,
Christoph, 13 J., Nettel, 11 J., Seppel, 8 J., Resi, 5 J. seine Kinder
Damian Stutzel Frau Sepherls Bruder, ein zugrunde gegangener Tandler und jetzt Gehilfe seines Schwagers
Salerl entfernte Anverwandte Schluckers
Georg Michael Zins ein Hausherr
Monsieur Bonbon
Wilm Sekretär eines Lords
Plutzerkern Greisler
Zuwag Aufhackknecht
Zech Kellner
Meridon 1. Koch,
Aspik 2. Koch, im Goldfuchsschen Haus
François Küchenjunge
Wermuth Buchhalter eines Großhandlungshauses
Herr von Steinfels, Frau (von Steinfels), Herr von Wachsweich, Frau (von Wachsweich) Hausfreunde bei Herrn Goldfuchs
Gerichtsbeamter
Grob, Trumpf Tandler
1. u. 2. Wächter
Mehrere Herren und Damen, Tandler und Tandlerinnen, Bediente, Küchenpersonale
1. Akt

Die Bühne stellt unten die ärmliche Wohnung der Familie Schlucker und im ersten Stock die elegante Wohnung des Herrn Goldfuchs dar. – Chor I, 1. – Während sich die Bedienten im ersten Stock auf das bei einem Festessen zu erwartende reichliche Trinkgeld freuen, weiß Sepherl nicht, womit sie ihre Kinder ernähren soll. – Auftrittslied Damian I, 3 („[…] Ich hätt’ kein Tandler werden soll’n.“) / Auftrittslied Johann I, 3 („[…] Denn Haluncken giebt’s unter d’ Bedienten, ’s g’wiß, / Das kann der nur beurteil’n, der selb’r einer is.“). – Johann ist stolz darauf zu wissen, wie man als Bedienter eines reichen Herrn selbst reich werden kann: „Man nehme Keckheit, Devotion, Impertinenz, Pfiffigkeit, Egoismus, fünf lange Finger, zwei große Säck und ein kleines Gewissen, wickle alles in eine Livree, so gibt das in zehn Jahren einen ganzen Haufen Dukaten.“ Eifersüchtig beobachtet Damian, wie Bonbon seiner geliebten Salerl Avancen macht. Doch Salerl gelingt es, ihn wieder zu beruhigen. Schlucker hat erfahren, daß Adolph ein heimliches Verhältnis zu Emilie hat. Um jeden Ärger mit dem reichen Herrn Goldfuchs zu vermeiden, will Schlucker für ein sofortiges Ende dieser Beziehung sorgen. Unterdessen hat Zins bei Goldfuchs um Emilies Hand angehalten, jedoch nur ein lautes Lachen geerntet. Besonders Johann behandelt den verhinderten Bräutigam mit Hochmut. Mit letzter Hoffnung bittet Zins Emilie selbst um ihre Hand, doch diese lehnt ab und gesteht ihm ihre Liebe zu Adolph. Erzürnt verläßt Zins das Haus: „Der Sohn einer Zu-ebener-Erd-Partei soll über einen Hausherrn triumphieren? Nein, das darf nicht sein!“ Emilie schreibt einen Liebesbrief an Adolph, den Fanny wie verabredet an einer Schnur zur unteren Wohnung hinabläßt. Gleichzeitig läßt Damian Adolph einen fingierten Liebesbrief von Salerl an Bonbon schreiben, in dem sie ihn um ein Rendezvous bittet. Als Adolph endlich Emilies Brief in der Hand hält, tritt Schlucker ein, entreißt ihm das Papier und liest es. Wütend schreibt er für Adolph einen unverschämten Antwortbrief. In der Zwischenzeit knotet Damian seinen Brief an die Schnur, die er für Bonbons Schnur hält. Wenig später erhält jedoch Bonbon mit Hilfe seiner Schnur den von Schlucker verfaßten Antwortbrief Adolphs. Während im oberen Stock die Gesellschaft festlich tafelt, sitzt die Familie zu ebener Erde bei Wasser und Brot. Zu Emilies Entsetzen gibt ihr Vater ihre Verlobung mit Bonbon bekannt. – Chor der Gäste I, 19.

2. Akt

Chor II, 1. – Zins ist bereit, der Familie Schlucker die Miete zu erlassen, wenn Damian und Schlucker im Gegenzug dafür sorgen, daß Adolph Emilie fernbleibt und Zins sie selbst heiraten kann. Um diese Aufgabe zu erleichtern, will Zins Adolph eine weitentfernte Stelle als Schreiber verschaffen. Freudig nehmen Schlucker und Damian das Angebot an. Wilm fragt nach einem Rock, den ein Bedienter seines Herrn an Damian verkauft hatte. In dem Rock befinden sich 1.000 englische Pfund, die auch gefunden werden. Als Belohnung erhalten Damian und Schlucker 300 Gulden, über die sie sich sehr freuen. – Chor II, 7. – Johann legt das Geld, um das er Goldfuchs betrügt, bei diesem wieder an und behauptet, es gehöre seinem Vetter. Auf diese Weise bekommt er für das ergaunerte Geld noch Zinsen. Goldfuchs glaubt, eine Million seien „eine schußfeste Brustwehr, über welche man stolz hinabblickt, wenn die Truppen des Schicksals heranstürmen wollen.“ Umso mehr ärgert ihn die Nachricht, daß sein Sohn in Hamburg als „mutwilliger Schuldenmacher“ festgenommen werden soll, falls Goldfuchs ihm nicht eine Summe von 100.000 Gulden anweist. – Lied Salerl II, 14 („Die Lieb’ ist ein Rausch allemahl bey die Männer“). – Emilie bittet Johann um Hilfe, da nur eine Entführung durch Adolph sie vor einer Hochzeit mit Bonbon retten kann. Zwar warnt Fanny Emilie vor diesem Helfer, doch ist Emilie auf ihn angewiesen, zumal er sie mit seinem Wissen um ihre heimliche Liebe erpressen könnte. Fanny beschließt, gemeinsam mit Emilie zu fliehen, weil Johann sich von ihr losgesagt hat, da sie seine Einstellung zum Geld nicht teilt. – Lied Johann II, 21 (R: „Da finden d’Leut’ dran a Vergnüg’n; / Ich, offen g’sagt, nit, i müßt’s lüg’n.“). – Nach einem Festessen im Wirtshaus, das sich die Familie Schlucker von den 300 Gulden geleistet hat, eröffnet Schlucker Adolph, daß er am nächsten Tag fortgeschickt werde. Außerdem werde Zins Emilie heiraten. Zudem sei Adolph gar kein Sohn der Familie, sondern ein angenommenes Kind. Wütend entschließt sich Adolph, seine eigenen Wege zu gehen. Über seinen Vater erfährt er nur, daß dieser irgendwann gestorben sei. Während bei Goldfuchs ein Ball gefeiert wird, nutzt Emilie die Gelegenheit, für einen Moment zu Adolph zu eilen. Sie verabreden, am nächsten Tag gemeinsam zu fliehen. Mitten in der Nacht erscheinen Grob und Trumpf und überbringen die Nachricht, daß Sepherl 800 Gulden in der Lotterie gewonnen hat. Zugleich erhält Goldfuchs die Nachricht, daß er bei einer Spekulation, an der auch der Bruder Bonbons beteiligt war, sein Vermögen verloren hat. Ohnmächtig sinkt er in die Arme seiner Bedienten. – Chor der Gäste II, 35.

3. Akt

Bonbon wird in der Goldfuchschen Wohnung bewacht, weil er durch die fehlgeschlagene Spekulation seine Schulden nicht bezahlen kann. Goldfuchs selbst ist am Boden zerstört. Johanns Verhalten gegen ihn ändert sich auf der Stelle. Entschieden fordert er die angelegten 6.000 Gulden zurück, die Goldfuchs von einem noch vorhandenen Vermögen von 80.000 Gulden bezahlen soll. Nebenbei erzählt Johann von Emilies Beziehung zu Adolph, was Goldfuchs’ Zorn schürt. Bei Schlucker und Damian erscheint ein Gerichtsbeamter, der sich nach Adolphs Herkunft erkundigt. Da seine Informationen mit den Angaben der beiden Männer übereinstimmen und Adolphs Identität auf diese Weise zweifelsfrei geklärt ist, kann er eine gute Nachricht überbringen: Adolphs Vater ist keineswegs tot, sondern hat es in Ostindien auf ein beträchtliches Vermögen gebracht. Er hat seinen Sohn zu seinem alleinigen Erben eingesetzt und verfügt, daß ihm bereits jetzt 30.000 Dukaten ausgezahlt werden. Die Familie ist überwältigt von diesem Glück. In seiner Freude verzeiht Adolph Schlucker und Damian ihr Verhalten. Damian hegt allerdings einen Verdacht: „Die Fortuna muß sich den Fuß überstaucht haben, daß s’ nit in den ersten Stock auffisteigen kann, sonst kehret s’ gewiß nit zu ebner Erd ein.“ Um ihrem Vater keinen weiteren Kummer zu machen, hat Emilie sich entschlossen, auf die Entführung zu verzichten. Damian versucht Fanny zu erobern, während Johann ein Auge auf Salerl geworfen hat. – Quartett Salerl, Johann, Fanny, Damian III, 10: Beide Frauen weisen die Männer ab. Johann ist entschlossen, sich dafür an Salerl zu rächen, während Damian Fanny bittet, Stillschweigen zu bewahren. Damian und Schlucker sind natürlich nicht mehr bereit, Adolph fortzuschicken, weshalb sie Zins hinauswerfen wollen. Dieser kann zuvor einen Blick auf das auf dem Tisch liegende Papier von Adolphs Vater werfen. Zudem versichert er der Familie, Adolph habe bereits die Wohnung im ersten Stock gemietet, worüber alle in Jubel ausbrechen. Damian will sich noch immer an Bonbon rächen. Grob und Trumpf sagen ihm Hilfe zu. Zins verspricht Friedrich und Anton eine Belohnung, wenn sie Johann für dessen hochmütiges Verhalten verprügeln. Unterdessen haben Johann und Bonbon die Kleider getauscht, um Bonbon eine Flucht an den Wärtern vorbei zu ermöglichen. In dieser Verkleidung beziehen beide die Prügel für den anderen. Erst im nachhinein erkennt man die Verwechslung. Bei der Rückgabe der Kleider entdeckt Johann in Bonbons Rock einen Geldbeutel, den er an sich nimmt. In diesem Moment erzählt Zins Goldfuchs, daß auch die 80.000 Gulden verloren sind, weil das Bankhaus bankrott gemacht hat. Somit sind auch Johanns 6.000 Gulden verloren. Dagegen kann Bonbon sich wieder frei bewegen, weil ein Freund seines Bruders seine Schulden bezahlt hat. Als er den Verlust seiner Geldbörse bemerkt, hat Bonbon sogleich Johann in Verdacht. Tatsächlich findet man den Beutel bei ihm und nimmt ihn fest. Zins eröffnet Goldfuchs, daß seine Möbel bereits gepfändet sind und die Wohnung anderwärts vermietet ist. Er könne jedoch für einige Tage in die Wohnung zu ebener Erde ziehen. Über die Hintertreppe verlassen Goldfuchs und Emilie die Wohnung. Traurig blicken sie sich in ihrem neuen Quartier um, als Adolph zur Tür hereinkommt. Als reicher Mann bittet er um Emilies Hand. Doch bevor Goldfuchs antworten kann, meldet sich Zins zu Wort. Aus demzufällig gelesenen Papier hat er erkannt, Adolphs Onkel zu sein. Adolph zuliebe verzichtet er auf seine Heiratsabsichten. Am Ende ist Goldfuchs gerne bereit, Adolph und Emilie seinen Segen zu geben. – Chor III, 34.