Umsonst

Posse mit Gesang und Tanz in 3 Akten [CG: Umsonst!]
Entwurftitel
Comödiant
Uraufführung
7. März 1857, Carl-Theater (46 Aufführungen)
Nestroy-Rolle
Pitzl, Schauspieler (Rollenverzeichnis 826)
Musik
Carl Binder
Nachweise: Hilmar S. 90
HKA Stücke 35, S. 221–238
Vorlage
Eduard Szigligeti: Liliomfi (Budapest 1849, in Wien 1856 Theater in der Josefstadt, Theater an der Wien von ungarischen Schauspielern aufgeführt)
Überlieferung
Gladt S. 84 f.
Hadamowsky 1934, S. 271
SW Bd. 14, S. 679–692
GW Bd. 6, S. 739 f.
HKA Stücke 35, S. 113–208
Werkausgaben (Stücktext)
CG Bd. 5, S. 225–299
SW Bd. 14, S. 311–458
GW Bd. 6, S. 247–364
HKA Stücke 35 (Hg.: Branscombe), S. 5–110
Musik (erhältlich)
Literatur
HKA Stücke 35, S. 3
Branscombe, Peter: Ein wiederaufgefundener Entwurf zu Umsonst. Nestroyana 20 (2000), S. 172–176
NESTROY Spiele Schwechat
Finster Fabrikbesitzer von Regensburg
Anastasia Mispl ein altes Fräulein, dessen Verwandte in Stadt Steyr
Emma Busch
Arthur
Pitzl
Müller
Meyr
Fischer alle Schauspieler in Stadt Steyr
Gschlader Kaffeesieder in Stadt Steyr
Knapp Theaterkassier
Ein Marqueur
Wildner Agent
Sauerfaß Wirt in Braunau
Sali seine Tochter
Georg Kellner
Maushuber Kapitalist, vormals in Wien Gastwirt
Ignaz Maushuber dessen Sohn
Frau Zepplmeyer Bürgerfrau in Braunau
Margarete Köchin
Jackl, Maz beide Bauern
Humpler, Pramper zwei alte Bürger in Braunau
Kratz, Bimmel, Schreiberl alle Wirtschaftsbeamte in Braunau
[Voll Richter]
[Radl Müllner]

Der erste Akt spielt in Stadt Steyr, der zweite und dritte in Braunau.

 

1. Akt

Vor 20 Jahren hat Finster die Braut seines Freundes geheiratet, der nach dem Tod seiner ersten Frau eine Mutter für seine kleine Tochter suchte. Allerdings ist Finsters unglückliche Ehe kinderlos geblieben, und nach dem Tod seines Freundes vor 15 Jahren hat er heimlich die Fürsorge für das Mädchen übernommen. Die letzten Jahre hat sie in der Obhut von Anastasia Mispl verbracht. Nun ist seine Frau gestorben, und Finster hat beschlossen, sein Mündel Emma mit seinem Neffen und Universalerben zu verheiraten. Zu diesem Zweck will er Emma aus Stadt Steyr abholen. – Auftrittslied Arthur I, 5 (R: „Wann das keine Kunst is, ja dann weiß ich’s net“). – Arthur plant, zu heiraten und mit seiner Braut in die Welt zu ziehen, weil ihn die sichere Existenz in Stadt Steyr zu sehr beengt. Von Georg erhält Arthur einen Brief, in dem dieser ankündigt, die Schulden von 34 Gulden 18 Kreuzern demnächst persönlich einzutreiben, da er geschäftlich in der Stadt sei. Um seinem Gläubiger zu entgehen, plant Arthur die umgehende Entführung seiner Angebeteten. Auch von seinem Onkel erhält Arthur einen Brief. Darin kritisiert dieser wieder Arthurs Lebenswandel. Er habe jedoch seinen Agenten angewiesen, Arthurs Schulden zu bezahlen, falls der Neffe bereit sei, die für ihn bestimmte Frau zu heiraten und sich an der Leitung des „Fabriksgeschäfts“ zu beteiligen. Sollte er diese Bedingung ablehnen, werde sein Onkel ein zweites Mal heiraten und ihn auf diese Weise um sein Erbe bringen. Diese Drohung bestärkt Arthur darin, umgehend zu heiraten, um bei seinem Onkel eventuell einen Sinneswandel herbeizuführen. Zunächst will Arthur sich allerdings der Liebe seiner Auserwählten versichern. – Lied Pitzl I, 9 (R: „Und ’s is nicht der Müh wert, es ist nicht der Müh wert.“). – Zum ersten Mal macht Anastasia Finsters persönliche Bekanntschaft. Finster stellt sie über das Komödienspiel seines Mündels zur Rede und kündigt an, Emma noch am selben Tag mitzunehmen. Von Anastasias Einwänden, daß Emma den ihr zugedachten Bräutigam möglicherweise nicht liebe, will er nichts hören. Finster mißfällt es auch, daß im Nachbarzimmer „ein jugendlicher Liebhaber“ wohnt. Anastasias Eingeständnis, dieser sei in sie und nicht in Emma verliebt, versöhnt ihn keineswegs. Gleichzeitig plant Arthur, Emma zu heiraten. Inständig hofft er, Emma nicht gleichgültig zu sein. Um ihr eine Nachricht zu übermitteln, beginnt Arthur in seinem Zimmer laut zu rezitieren, als studiere er eine Rolle, in der Hoffnung, daß Emma seine Worte richtig verstehe. Doch nicht nur Emma erkennt die Liebeserklärung, sondern auch Anastasia. Als Antwort spielt Emma die Melodie eines Liebesliedes auf der Gitarre. Anastasia erkennt das Lied und beginnt dazu zu singen. Um endlich eine klare Antwort von Emma zu bekommen, hält Arthur ein gemaltes Herz mit den Worten „Wenn Du mich liebst, so sage Ja“ ans Fenster. Während Emma unbemerkt mit einem Kopfnicken antwortet, erfindet Anastasia einen Vorwand, um Arthur herüberzulocken. Sie eröffnet dem überraschten Arthur, daß Emma nach Regensburg reisen muß. Frei heraus bittet Arthur die entrüstete Anastasia um Emmas Hand. In diesem Moment bemerkt diese, daß Finster sich dem Haus nähert, und erklärt, dieser solle die Angelegenheit entscheiden. Mit Schrecken erkennt Arthur in Emmas Vormund seinen Onkel. Eilig verläßt er das Zimmer. Aufgebracht berichtet Anastasia von Emmas Liebe und verlangt von Finster, sein Mündel auf der Stelle fortzubringen. Arthur, der das Gespräch belauscht, kommt zu dem Schluß, daß Finster selbst Emma heiraten will. Doch Emma weigert sich, sowohl mit Finster abzureisen, als auch sich von Arthur loszusagen. Als Arthur hört, daß Finster den Geliebten selbst zur Rede stellen will, bittet er Pitzl, an seiner Stelle zum Schein auf Emma zu verzichten. Pitzl verhandelt mit Finster. Schließlich einigt man sich darauf, daß der angebliche Bräutigam gegen Zahlung von 100 Gulden schriftlich auf Emma verzichtet. In der Zwischenzeit schleicht Arthur zu Emma und bittet sie, ihrem Vormund klaglos zu folgen und ihn in Linz einige Tage aufzuhalten. Von Braunau aus will Arthur mit seiner Braut dann ins Ausland fliehen und heiraten. Emma erklärt sich mit allem einverstanden. Zum Schein nimmt sie die Verzichtserklärung enttäuscht auf und hat keine weiteren Einwände gegen eine Abreise.

2. Akt

Ländlicher Tanz mit Chor II, 1. – Sali und Georg wollen heiraten. Doch Sauerfaß hat höhere Pläne für seine Tochter. Sie soll den jungen Herrn Maushuber heiraten, der von seinem Vater in Wien ein großes Hotel bekommen wird. Als er von der heimlichen Beziehung zwischen Sali und Georg erfährt, verbietet er wütend seiner Tochter den weiteren Umgang mit dem Kellner. Dieser versucht, Sali zur Flucht zu überreden, doch Sali lehnt aus Rücksicht auf ihren Vater ab, verspricht jedoch, Maushuber auf keinen Fall zu heiraten. Völlig mittellos sitzen Pitzl und Arthur in der Gaststube. Trotzdem ist Arthur zuversichtlich. Mit Schrecken bemerkt er allerdings seinen Gläubiger Georg. Zunächst leugnet er seine Identität, gibt sich dann aber doch zu erkennen und stellt Georg vor die Wahl, die Garderobe seines Schuldners zu pfänden oder auf Arthurs Anstellung bei einem Hoftheater zu warten. Georg hört von Arthurs geplanter Entführung und erzählt von seinem eigenen Liebeskummer. Arthur verspricht den beiden Liebenden zur Hochzeit zu verhelfen. Auf der Stelle gibt er sich als junger Maushuber aus, dem Sauerfaß noch nie persönlich begegnet ist. Durch sein arrogantes und blasiertes Benehmen bringt er in kürzester Zeit sowohl Sali als auch Sauerfaß gegen sich auf. Frei heraus fragt er Sauerfaß nach Salis Vermögen. Der angehende Schwiegervater antwortet, daß Sali vor seinem Tod keinen Heller erhalte. Als der angehende Bräutigam sich daraufhin erkundigt, wann damit zu rechnen sei, will Sauerfaß ihn am liebsten sogleich loswerden. Doch der besteht auf dem Gastrecht und verlangt ein Zimmer. Sali legt ihrem Vater in dieser Situation noch einmal Georg ans Herz, doch der Vater will von beiden Bräutigamen nichts wissen. Sehr artig und höflich betritt Ignaz Maushuber das Gasthaus. Schnell wird Arthur deutlich, daß es sich hier um den echten Maushuber handelt. Vertrauensvoll erklärt Arthur ihm, die geplante Intrige und Verstellung sei nicht mehr notwendig. Er habe Sali lediglich auf die Probe stellen wollen. Dadurch gelingt es ihm tatsächlich, Sauerfaß und Sali davon zu überzeugen, er sei der junge Maushuber. Ignaz versteht gar nicht, was vorgeht. – Quodlibet II, 17: Pitzl setzt Ignaz vor die Tür. Weil sie einen Deichselbruch an der Kutsche haben, kommen Finster und Emma in das Wirtshaus. Arthur gelingt es, kurz mit Emma zu reden, und sie schwören sich ewige Treue. Allerdings fürchtet Arthur, sein Onkel könne ihn erkennen.

3. Akt

Georg verspricht Arthur 100 Gulden Belohnung, wenn er ihm zu seiner Hochzeit mit Sali verhelfe. An Georgs Stelle tritt Arthur Finster und Emma als Kellner gegenüber. Von Finster unerkannt, erzählt Arthur vertraulich, daß der Schauspieler Arthur die Entführung seiner Geliebten plane. Aufgebracht beschließt Finster, sein Mündel nicht aus den Augen zu lassen. Deshalb beauftragt er Sali mit Emmas Bewachung, während er ein Nickerchen macht. Im Gespräch mit Sali erfährt Emma von deren Liebe zu dem Kellner, den Entführungs- und den Hochzeitsplänen. Sie glaubt, es handle sich um Arthur und ist tief enttäuscht. Der ahnungslos eintretende Arthur wundert sich über das veränderte Verhalten seiner Geliebten. Vergeblich versucht er Emma alles zu erklären. Unbemerkt hat Finster die Szene belauscht und die Stimme seines Neffen erkannt. Arthur läßt sich ahnungslos in ein Nebenzimmer locken, wo Finster ihn einsperrt. Emma will Arthur nie mehr wiedersehen, doch Finster hat beschlossen, seinen Neffen auf jeden Fall nach Hause zu bringen. Dem erstaunten Sauerfaß teilt Finster mit, daß der Kellner in Wahrheit sein Neffe sei. Auf Sauerfaß’ Frage nach dem Vermögen des jungen Mannes antwortet Finster, der Betroffene wisse noch nichts von seinem Reichtum, aber er sei Besitzer eines Rittergutes mit mindestens 5.000 bis 6.000 Gulden Jahresertrag. Sogleich wird Sauerfaß sich darüber klar, daß es eigentlich keinen Hinderungsgrund für eine Hochzeit von Sali und dem Kellner gibt. Er fragt die verwunderte Sali, ob sie ihren Bräutigam wirklich liebe, und gibt der Überglücklichen die Einwilligung zur Hochzeit. Als er hört, daß der Bräutigam bereits alle Papiere habe, gibt er Sali und Georg ein Dokument, aufgrund dessen sie jenseits der nahegelegenen Grenze sofort getraut werden können. Auf keinen Fall sollten sie unverheiratet heimkehren. – Lied Arthur III, 26 (R: „Ein Amtsvorstand hat Gall und Gift“). – Zu Arthurs Bedauern erscheint der alte Maushuber, um die Sache mit seinem Sohn ins Reine zu bringen. Bei der Gegenüberstellung von Arthur und Ignaz kommt es zu Verwicklungen, weil Sauerfaß standhaft behauptet, Arthur sei der junge Maushuber, während der alte Maushuber versichert, seinen Sohn zu kennen. Keck vermutet Pitzl, er habe sicherlich zwei Söhne, von denen er einen aus unerfindlichen Gründen verleugne. Er stellt in Aussicht, daß Maushuber vor einem Gericht beweisen solle, nicht Arthurs Vater zu sein. Aus Angst vor einem langwierigen Prozeß gibt Maushuber Pitzl auf dessen Vorschlag hin 50 Gulden Schweigegeld. Arthur gesteht, die ganze Verwechslung lediglich für Sali und den Kellner inszeniert zu haben. Allerdings sei nicht er, sondern Finster der Hauptschuldige. Wütend stürzt Sauerfaß davon, um sich den Übeltäter vorzuknöpfen. Im Gespräch mit Finster erkennt Sauerfaß, daß er den großen Kapitalisten Finster vor sich hat. Doch er ist noch immer der Meinung, daß Sali sich gerade mit dessen Neffen verheiratet. Finster, der erst jetzt von dieser Hochzeit erfährt, versichert sofort, für eine Anullierung der Trauung zu sorgen. Emma ist verzweifelt. Doch als Sali und Georg glücklich erscheinen, wird ihr die Verwechslung klar. Während Sauerfaß resigniert, ist Ignaz froh, Sali nicht geheiratet zu haben. Pitzl gesteht, sich für Arthur ausgegeben zu haben. Emma gibt zu, bereits in Stadt Steyr gegen ihren Vormund im Bunde gewesen zu sein, weil sie ihn nicht heiraten wollte. Ärgerlich erklärt Finster, daß er diesen Wunsch nie hatte, sondern sie für seinen Neffen bestimmt war. Als Arthur dies hört, ist er überglücklich. Am Ende stellt Pitzl fest: „Umsonst! Mit einem Wort: Die Liebenden haben sich, alles übrige rein umsonst!“