Theaterg’schichten durch Liebe, Intrigue, Geld und Dummheit

Posse mit Gesang in zwei Akten
Entwurftitel
Eines Dummkopfs Leidenschaften
Uraufführung
1. Februar 1854, Carl-Theater (39 Aufführungen)
Nestroy-Rolle
Mathias Damisch (Rollenverzeichnis 787)
Musik
Carl Binder
Nachweise: Hilmar S. 89 f.
HKA Stücke 33, S. 373–391
Vorlage
Alexandre Dumas: Olympe de Clèves (Roman, 1851/52
dt. Übersetzungen 1851/52)
Druck
1854
Überlieferung
Gladt S. 89 f.
Hadamowsky 1934, S. 266
SW Bd. 14, S. 638–672
GW Bd. 6, S. 739
HKA Stücke 33, S. 85–356
Werkausgaben (Stücktext)
SW Bd. 14, S. 55–163
GW Bd. 6, S. 159–246 HKA Stücke 33 (Herausgeber: Hein), S. 5–81
Musik (erhältlich)
Musik (erhältlich)
Literatur
HKA Stücke 33, S. 3 f.
Destro
Hein 1982
Mautner
Münz
Hein, Jürgen: Theaterg’schichten bürgerlich. Aus dem Kloster in die Apotheke oder von Alexandre Dumas zu Johann Nestroy. Nestroyana 14 (1994), S. 40–44
NESTROY Spiele Schwechat
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Sebastian Stössl Apotheker und Rats-Vorstand in einer kleinen Provinzstadt
Conrad
Philippine seine Kinder
Mathias Damisch sein Mündel und Philippines Bräutigam
Schofel konzessionierter Theaterdirektor
Rosaura seine Nichte, Schauspielerin
Maxner Theatermeister
Katharine seine Frau
Lisi
Mali beider Töchter, Schauspielerinnen
Krammer Regisseur
Spindl Souffleur
Fink Inspizient
Spornhofer Heldenspieler, sämtlich bei Schofels Unternehmen engagiert
[Clair Stubenmädchen bei Rosaura]
James Inslbull ein englischer Reiter
Felber ein Handwerker
Ein Wachter
Ein Doktor
Ein Kanzellist
Ein Bureaudiener
Ein Wärter
Herren und Frauen
Wachter
Schauspieler und Schauspielerinnen

Die Handlung spielt im ersten Akt in einer kleinen Provinzstadt, im 2. Akt, um acht Tage später, in einer Hauptstadt.

1. Akt

Apotheker Stössl hat seinem Neffen und Mündel Mathias Damisch seine Tochter Philippine und auch seine Apotheke bestimmt. Zu seinem Verdruß drängt es diesen aber zum vom Vormund verabscheuten Schauspielerberuf. Mit den Gedanken mehr beim Theater als in der Apotheke, verwechselt er häufig die Medikamente für die Kunden. Stössls Sohn Conrad, der selbst vor drei Jahren der Komödiantenleidenschaft verfiel und Mathias damit ansteckte, kehrt, über sein Talent und die Theaterwelt desillusioniert, nunmehr als Porträtmaler reumütig zu seinem Vater zurück. – Auftrittslied Conrad I, 3 (R: „Der Jugend verzieht man ja All’s auf der Welt.“). – Gemeinsam mit seiner Schwester Philippine versucht er, Mathias die Schauspielerberufung auszureden. Dieser aber ergibt sich anläßlich des Gastspiels einer durchreisenden Theatertruppe, deren Anwesenheit sein Vormund als Ratsvorstand des Ortes widerwillig genehmigen mußte, ganz dem Banne der Bühne. – Couplet Damisch I, 12 (R: „Auf was er sich Alles hinauswachsen kann.“). – Als der Hauptdarsteller der Truppe wegen eines lukrativeren Angebots heimlich abreist, darf Damisch als begabter und reicher Laie dessen Rolle als Phaon in „Sappho“ übernehmen, deren Rolle von der umschwärmten Rosaura gespielt wird. Ein Gewitterregen beendet vorzeitig die Vorstellung in dem Arena-Theater. Damisch wird vom Publikum, darunter auch von seinem Vormund, erkannt und zur Rechenschaft gezogen, weil er sich seinen Apotheker- und Bräutigamspflichten durch einen eiligen Theaterkontrakt entzogen hat.

2. Akt

Die Theatertruppe mit Damisch befindet sich in einer anderen Stadt. Der Theaterdirektor Schofel hat sich vergeblich um eine Spielstätte bemüht und ist in größter Geldverlegenheit. Der Theatertischler Maxner, mit ihm seine schauspielerisch mäßig begabten Töchter Mali und Lisi, hoffen, durch ihr Gegenangebot die Direktion der Truppe an sich zu bringen. Conrad schmiedet mit ihm und seiner Familie ein Komplott, um Damisch, der sich in Schofels Nichte Rosaura verliebt hat, von dieser unerwiderten Leidenschaft zu heilen und zur Rückkehr nach Hause zu bewegen. – Lied Conrad II, 17 (R: „Da kann man sich denck’n was die Lehrbub’n [variiert] erst sag’n.“). – Frau Maxner und ihre Töchter laden Damisch zu einem vermeintlichen Rendezvous mit Rosaura ein; Conrad verkleidet sich als Rosaura und soll ihn, ihm den gemeinsamen Liebestod anbietend, abschrecken. Zugleich bietet Inslbull, ein englischer Rentier und Verehrer der echten Rosaura, der falschen eine Shakespeare-Rolle an, was wiederum die echte, ehrgeizig und egoistisch, hinzutretend annimmt, während die falsche sich unerkannt zurückziehen kann.
Damisch ist – scheinbar – so bestürzt, daß er dem ihm ins Gewissen redenden Conrad nachgibt und vorgibt, zu Braut und Vormund zurückzukehren. Theaterdirektor Schofel bietet sich, um von seinerTruppe nicht finanziell belangt werden zu können, als Narr dem Irrenhaus an. Dorthin wird kurze Zeit später Damisch eingeliefert, weil er wie wahnsinnig die abtrünnige Rosaura bis in ihr neues Theater verfolgte. – Quodlibet II, 22. – Maxner, Lisi und Mali sowie der Vormund und Conrad bitten um seine Freilassung, Damisch selber aber beschließt, Rosaura zu heiraten, um an sein väterliches Vermögen zu kommen, das ihm bei der Eheschließung zufallen soll. Schofel sieht sich als Rosauras Onkel nun wieder in Geldbesitz und geistig normal. Gleichzeitig macht aber Maxner seine Geldaußenstände für Kost und Logis Damischs geltend. Stössl schiebt entsetzt die Schuld an dieser Wendung seinem Sohn Conrad zu, der aber einen listigen Ausweg zu finden verspricht. Die Schauspieler erwarten ihre Gage von Maxner und bieten ihm dafür die Direktion an. Schofel hofft im letzten Augenblick, alle für sich zu gewinnen. Rosaura, von ihrem Gönner, aber auch ironischen Betrachter Inslbull enttäuscht, stimmt der Geldheirat mit Damisch zu, entlarvt aber ihren Onkel Schofel als nur vorgegeben, so daß er keine Aussicht auf das Vermögen hat. Da Damisch sich dem Zureden seines Vormunds verschließt, löst Conrad sein Versprechen ein. Er geht zu Rosaura, die vor der Ankunft Stössls geflohen ist. Auf ihren Entsetzensschrei glauben alle, Conrad habe die unangenehme Nebenbuhlerin seiner Schwester ermordet. Zur Überraschung gibt er sich als ihr Gatte zu erkennen, der sie verließ, um sich angeblich zu ertränken, als er ihre Gefühlskälte erkannte. Rosaura entzieht sich der für sie unangenehmen Situation und hofft – ebenso wie Conrad – auf gänzliche Scheidung. Der über den Gegenstand seiner Leidenschaft aufgeklärte Damisch ist von dieser wie von seiner Theaterleidenschaft geheilt und drängt darauf, die vernachlässigte Philippine zu heiraten: „Jetzt aber nur g’schwind, mein halbes Vermögen für einen Separat-Train in die Arme meiner Braut!“