Judith und Holofernes

Travestie in 1 Acte
Uraufführung
13. März 1849, Carl-Theater (67 Aufführungen)
Nestroy-Rolle
Joab/Judith, Volontär in der hebräischen Armee (Rollenverzeichnis 740)
Musik
[Michael Hebenstreit]
Vorlage
Friedrich Hebbel: Judith (Drama, 1840)
Überlieferung
Gladt S. 50 f.
Hadamowsky 1934, S. 176
SW Bd. 4, S. 357–384
GW Bd. 5, S. 700–704
HKA Stücke 26/II, S. 293–481
Werkausgaben (Stücktext)
CG Bd. 9, S. 239–259
SW Bd. 4, S. 163–199
GW Bd. 5, S. 217–250
HKA Stücke 26/II (Hg.: McKenzie), S. 85–149
Literatur
HKA Stücke 26/II,S. 82–84
Boege
Bührmann
Hannemann
Hein 1970
Arntzen, Helmut: Dementi einer Tragödie. Zu Hebbels und Nestroys Judith. In: H. A.: Zur Sprache kommen […]. Münster 1983, S. 151–164
Bachmaier, Helmut: Die Parodie als Überbietung der Posse bei Nestroy (Judith und Holofernes). Der Deutschunterricht 37 (1985), H. 6, S. 110–124
Lea, Charlene A.: Emancipation, Assimilation and Stereotype. The Image of the Jew in German and Austrian Drama (1800–1850). Bonn 1978, S. 94–101
McKenzie, John R. P.: The technique of ,Verwienerung‘ in Nestroy’s Judith und Holofernes. New German Studies 1 (1973), S. 119–132
Mergenthaler, Volker: Medusa meets Holofernes. Poetologische, semiologische und intertextuelle Diskursivierung von Enthauptung, Bern, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien 1997, zu Judith und Holofernes S. 87–130
Merrill, Sammy Ray: Parody and Satire in Nestroy’s Judith and Holofernes. Diss. masch. Cornell Univ. 1972
Scheck, Ulrich: Parodie und Eigenständigkeit in Nestroys Judith und Holofernes. Ein Vergleich mit Hebbels Judith. Bern, Frankfurt/M., Las Vegas 1981
Scheit, Gerhard: Verborgener Staat, lebendiges Geld: Zur Dramaturgie des Antisemitismus, Freiburg 1999, S. 224–232
Walker, Colin: Nestroy’s Judith und Holofernes and Antisemitism in Vienna. Oxford Germanic Studies 12 (1981), S. 85–110
Walla, Friedrich: Johann Nestroy und der Antisemitismus. Eine Bestandsaufnahme. Österreich in Geschichte und Literatur 29 (1985), S. 37–51
Weiss, Hilde: Nestroy als Kommunikationstherapeut. Nestroyana 8 (1988), S. 8–14
Holofernes Feldherr der Assyrer
Idun
Chalkol
Zepho Hauptleute der Assyrer
Achior des Holofernes Kämmerling
Ein Herold
Der Gesandte von Mesopotamien
Oberpriester des Baal
1. u. 2. Baalspriester
Jojakim der Hohepriester in Bethulien
Joab sein Sohn, Volontär in der hebräischen Armee
Judith seine Tochter, Witwe
Mirza Magd in Jojakims Diensten
Assad
Ephraim hebräischer Hauptmann [fehlt in der Endfassung]
Deborah Jojakims Schwägerin [fehlt in der Endfassung]
Daniel blind und stumm, Assads Bruder
Ammon Schuster
Hosea, Nabal, Ben, Nazael, Heman Schneider
Nathan
Rachel Assads Weib
Sara Ammons Weib, Einwohner von Bethulien
[Assisrische Krieger]
[Hebräische Krieger]
[Volk von Bethulien]
[Sclaven]

Die Handlung geht teils im Lager von Holofernes, teils in Bethulien vor.

[Endfassung]

Chor I, 1. – Der Tyrann Holofernes ist überaus stolz, noch nie eine Schlacht verloren zu haben und damit für König Nebucadnezars Erfolge verantwortlich zu sein. Selbstbewußt sagt Holofernes: „Ich möcht, daß die ganze Menschheit aufg’hängt wär’, um dann der Einzige zu seyn, der die Welt wie einen Hund mit Füßen tritt. Ich bin ein großartiger Kerl.“ Dementsprechend arrogant tritt er dem Gesandten von Mesopotamien entgegen, der die bedingungslose Kapitulation seines Königs überbringt. Holofernes kündigt die völlige Vernichtung des sich zuletzt unterwerfenden Volkes an. Der Gesandte weist darauf hin, daß sich die Hebräer noch nicht unterworfen haben. Dieses Volk liebe die Künste und Wissenschaften, sei aber nicht an Handwerk und Ackerbau interessiert. Ihre Armee sei schwach, doch wirke der Himmel Wunder für sie. Ihr Gott sei zugleich ihr König. Auf der Stelle macht sich Holofernes mit seinen Soldaten auf den Weg nach Bethulien.

Mit Unbehagen betrachten Ammon und Hosea die Armee des Holofernes vor ihrer Stadt. Hosea schlägt vor, alles Eßbare aufzukaufen und im Falle einer Hungersnot mit gutem Gewinn wieder zu verkaufen. Alle Bürger sind zu den Waffen gerufen, doch hat niemand Lust, tatsächlich in eine Schlacht zu ziehen. Auch der Hohepriester Jojakim hat weder Rat noch Trost, außer dem, daß sie alle für die eigenen Sünden oder die Sünden ihrer Vorfahren sterben werden. – Auftrittslied Joab, 14 (R: „Unsre Leut / Sind gar g’scheidt / Hab’n zum Kriegführn ka Freud.“) [Urfassung: „Weit und breit / Haben s’ ka Zeit / Und ka Schneid / Unsre Leut“]. – Jojakim und Joab bedauern Judiths Abwesenheit, die nun zur Retterin ganz Israels werden könnte. Als Jojakim jedoch die unglaubliche Ähnlichkeit der beiden Geschwister betont, kommt Joab eine Idee. – Lied Joab, 15 [Urfassung 24] (R: „So was nennt man kein Wunder jetzt mehr heutzutag / Man findt’s ganz natürli und kein Hahn kraht danach.“). – Obwohl die Hungersnot immer größer wird, will kein Hebräer Krieg führen. Schließlich schlägt Assad vor, Holofernes einfach freundlich das Stadttor zu öffnen und ihn als Herrscher anzuerkennen. Für diesen unerhörten Vorschlag fordert der stumme Daniel, Assad zu steinigen. Jojakim entscheidet, daß Assad leben darf, aber der Mund des Stummen soll denjenigen bezeichnen, der dem „Grimm des Herrn“ zum Opfer fallen soll, denn er sei offensichtlich „Gottbegeistert“. In diesem Moment verkündet Nathan aufgeregt, er habe eine Nachricht erhalten, die, wenn sie bekannt würde, alle Aktien um 50 Prozent fallen ließe. Daniel fordert, Nathan zu steinigen, und das Volk schleppt den Mann fort. Genauso fordert er die Steinigung eines Schneiders, der auf die Begleichung einer Rechnung drängt. Von Hosea erfährt Daniel Nathans letzte Worte. Er sagte, Daniel würde sein Urteil noch bereuen, denn Daniel hatte von ihm noch einen Wechsel über 3000 Gulden. Er habe sein Geld jedoch an einer unbekannten Stelle vergraben. Vor Schreck verstummt Daniel wieder und gebärdet sich wie ein Irrer.

[Nur in der Urfassung]

Als Judith verkleidet besucht Joab Deborah. Der Tante klagt Judith ihr Leid: Das Volk glaubt, sie habe ihren Mann Manasses durch ihre Schönheit in den Wahnsinn getrieben. Deborah tröstet sie und empfiehlt ihr, wieder zu heiraten. Wie gerufen erscheint der Hauptmann Ephraim. Judith verspricht ihm, der sie glühend liebt, ihre Hand, wenn er ihr als Liebesbeweis Holofernes’ Kopf bringt. Erschrocken lehnt Ephraim ab. Judith schwört, Holofernes eigenhändig umzubringen.

[Endfassung]

Siegessicher kündigt Holofernes die Brandschatzung Bethuliens für den folgenden Tag an. Als Judith verkleidet erscheint Joab vor Holofernes, der Gefallen an der schönen Hebräerin gefunden hat. Während Holofernes einen Rausch ausschläft, glaubt Joab, eine Gelegenheit zur Ermordung des verhaßten Belagerers zu haben. Er schlägt ihm den Kopf ab, doch es ist nicht der Kopf von Holofernes. Der Feldherr hatte sich längst in Sicherheit gebracht. Seine Soldaten bemerken die Verwechslung nicht, als man ihnen den Kopf präsentiert. Zwar erwischen Holofernes und Achior Joab noch, doch ihre Soldaten haben bereits die Flucht ergriffen. Auf diese Weise gelingt es den Hebräern, das Lager einzunehmen und Holofernes gefangenzusetzen.