Glück, Mißbrauch und Rückkehr

oder Das Geheimniß des grauen Hauses

Posse mit Gesang in 5 Acten
Uraufführung
10. März 1838, Theater an der Wien (109 Aufführungen)
Druck
1845
Nestroy-Rolle
Blasius Rohr (Rollenverzeichnis 589a)
Musik
Adolf Müller, Nachweise: Hilmar S. 66–68
HKA Stücke 14, S. 305–327
Vorlage
Ch. P. de Kock: La maison blanche (Roman, Paris 1836
dt. Übersetzung 1837) und andere Motive
vgl. Walla 1996
Überlieferung
Hadamowsky 1928, S. 81
1934, S. 152
SW Bd. 8, S. 226–254
GW Bd. 3, S. 706–708
HKA Stücke 14, S. 153–256
Werkausgaben (Stücktext)
(Stücktext) CG Bd. 9, S. 7–63
SW Bd. 6, S. 379–487
GW Bd. 3
Musik (erhältlich)
Musik (erhältlich)
Literatur
HKA Stücke 14, S. 3
Walla 1996
Yates 1996
Walla, Fred:Wiederfindung und Wiederverwertung. Nachträge zu Prinz Friedrich und Glück, Mißbrauch und Rückkehr (Stücke 1 und Stücke 14). Nestroyana 21 (2001), S. 18–25
NESTROY Spiele Schwechat
Blasius Rohr Schreiber bei einem Advokaten
Herr von Sonnenstern
theodor sein Sohn
Bernhard Brand dessen Freund
Herr Eisenkorn Rohr's Onkel
Madame Berning Putzhändlerin
Babett deren Tochter
Rochus Bedienter des jungen Sonnenstern
Marquise Folleville
Frau von Salting
Herr von Halwig Freund des alten Sonnenstern
Herr von Morberg, Herr von Fernbach Freunde des jungen Sonnenstern
Frau Lenerl eine Mandolettikrämerin
Stock ein Bauer im Riesengebirge
Eva sein Weib
Steffel, Sippel, Hansel, Michel seine Söhne
Her von Klippenbach
Aurora dessen Tochter
Mucki Bruder des Herrn von Klippenbach
Riegel Thorwächter
Brigitte dessen Tochter
Christian Hausknecht
Franzel, Tonel, Hiesel Bauernjungen
Friederike
Sabine Sichel deren alte Magd
Ein Hausmeister
Ein Bedienter bei Herrn von Sonnenstern
Ein Bedienter bei Herrn von Eisenkorn
Herren und Damen, Schreiber, Comptoristen, Musiker, Landleute, Bauern, Knechte, Dienerschaft

Der 1. und der 5. Akt spielen in der Residenz, der 2., 3. und 4. in einer Gegend des Riesengebirges. Die Zwischenzeit von einem Akt zum anderen füllt immer einen Monat aus.

1. Akt

Chor I, 1. – Auftrittslied Blasius I, 2 („Jetzt hab ich heut fünf Klagn copirt“). – Blasius und Brand werden von ihrem alten Schulkameraden Theodor zu einem Ball eingeladen. Theodor ist im Gegensatz zu Blasius und Brand, die beide unter ständigem Geldmangel leiden, sehr reich. – Auftrittslied Rochus I, 5 (R: „Drum ist das Beleuchten vergebliche Müh, / Dann das, was d’Leut sehn solln, das sehn sie doch nie.“). – Während des Balls fällt Blasius durch seine Zudringlichkeit und seine unangebrachte Vertraulichkeit auf. Theodor und seine Freunde setzen ihrerseits alles daran, um Blasius lächerlich zu machen.Vor allem lobt Blasius ständig die Tugenden seiner Geliebten Babette. Unterdessen warten Babette und ihre Mutter in ihrem Laden auf Blasius’ Rückkehr. Madame Berning hält überhaupt nichts von diesem liederlichen Gesellen, doch Babette ist fest davon überzeugt, daß er sie heiraten wird, wenn er das nötige Geld zusammen hat. In diesem Augenblick betritt Herr Eisenkorn den Laden. Er ist Blasius’ Onkel, hat seinen Neffen jedoch noch nie gesehen. Der erstaunten Madame Berning überreicht er die Schenkungsurkunde über eine Fabrik, die sie Blasius aushändigen soll. Bevor er wieder abreist, kündigt er an, in einiger Zeit zurückzukehren, um Blasius „an der Spitze eines florierenden Geschäfts als tüchtigen, soliden Mann“ zu erblicken. Der angetrunkene Blasius wird von Rochus nach Hause gebracht. Als er von der Schenkung erfährt, beschließt er, die Fabrik zu verkaufen. Er will ein Schloß erwerben und stellt Rochus sofort als Diener ein. Von Babette trennt er sich, da sie nun nicht mehr standesgemäß ist. – Chor mit Blasius I, 18.

2. Akt

Blasius, Rochus, Brand und Theodor sind unterwegs zu Blasius’ Schloß „Felsenstein“. Unterwegs hat Blasius seine Kutsche Herrn von Klippenbach und seiner Tochter Aurora geliehen, so daß die Freunde zu Fuß unterwegs sind. Auf die verwöhnte Aurora hat Blasius ein Auge geworfen. Während eines Unwetters suchen die Freunde Schutz bei einer Bauernfamilie. Diese warnt sie vor dem in der Nähe gelegenen grauen Haus, denn dort soll es nicht mit rechten Dingen zugehen. Das graue Haus selbst sei unbewohnt, doch nahebei lebe in einem kleinen Haus inmitten eines Blumenwalds eine junge Hexe mit ihrer alten Dienerin. Sie sei das angenommene Kind einer Bauernfamilie, von der kein Mensch mehr lebe. Das Mädchen sei sehr reich, könne lesen und schreiben, sei also sehr ungewöhnlich für die Gegend. Sofort verlangen die Freunde, an den geheimnisvollen Ort geführt zu werden. – Auftrittslied Brigitte II, 5 (R: „Und Alles ist noch mal so schön, als es war“). – Bei besagtem Haus treffen sie auf die Dienerin Sabine und auf Brigitte, die einzige, die zu den beiden Frauen zu Besuch kommt. Bald stellt sich heraus, daß Rochus, der bereits zum Schloß vorausgereist ist, um einen prächtigen Empfang für Blasius vorzubereiten, Sabines Sohn ist. Friederike zeigt sich von dem neuen Herrn von Felsenstein überhaupt nicht beeindruckt, da er über ihr Anwesen keine Macht hat. Fragen über das graue Haus läßt sie unbeantwortet. – Chor II, 8. – Noch vor Blasius, Brand und Theodor erreichen Herr von Klippenbach, Aurora und ihr Onkel Mucki das Schloß. Sofort fängt Herr von Klippenbach an, kostspielige Umbaupläne zu schmieden. Er will damit feststellen, ob Blasius vermögend genug ist, um ihm Aurora zur Frau geben zu können. Der von Rochus arrangierte, bejubelte Empfang gelingt zu Blasius’ Verdruß nicht ohne Pannen. – Chor II, 5.

3. Akt

Rochus möchte unbedingt das Geheimnis des grauen Hauses ergründen, doch weder Sabine noch Brigitte verraten etwas. Theodor hat sich heftig in Friederike verliebt, doch obwohl sie ihm zugetan ist, verrät auch sie nichts über das Haus. Schließlich beschließen die Freunde, das Haus auf eigene Faust auszuspionieren. – Duett Blasius, Brigitte III, 6 über „Kunst und Natur“. – Beim Durchstöbern des Hauses finden Theodor, Brand und Rochus Stroh und Heu im Stall für ein Pferd, einen gut sortierten Bücherschrank, eine Flasche Wein, Pistolen und Reitstiefel, was auf einen gelegentlichen männlichen Besucher schließen läßt. Voll Eifersucht verläßt Theodor das Haus.

 

4. Akt

Auf Klippenbachs Wunsch hin wurde das ganze Schloß mit Gasbeleuchtung ausgestattet. Doch nun hegen Mucki und Klippenbach den Verdacht, daß Blasius das Geld ausgehe. Sie sinnen auf eine gute Gelegenheit, um dem Verhältnis zu Blasius ein Ende zu setzen. Trotz der Entdeckungen im grauen Haus ist Theodor nach wie vor heftig in Friederike verliebt. Um an eine große Belohnung zu kommen, plant Brand, unter Zuhilfenahme von Blasius’ Dienern, Friederike scheinbar zu entführen, um sich dann als ihr Retter hervorzutun. Unterdessen erzählt Theodor Friederike, sein Vater verlange seine baldige Rückkehr in die Stadt und er wolle sie mitnehmen. Er hofft auf diesem Wege Friederikes Geheimnis zu enthüllen, doch sie antwortet nur vage. Zudem erregt ein Licht im grauen Haus Theodors Mißtrauen. Aus einem Versteck heraus beobachtet er, wie Friederike sich mit einem Mann trifft. Wütend klopft Theodor Sabine heraus, erzählt seine Beobachtung und erklärt, er hasse und verachte Friederike. Da Rochus ihm berichtet, Brand habe Vertraulichkeiten mit Aurora, beschließt Blasius, dessen Pläne zu duchkreuzen und seine Diener zurückzubeordern. Im grauen Haus redet Friederike mit dem rätselhaften Mann, ihrem Vater, Herrn Eisenkorn. Er ist ungehalten über Theodors Absichten und entscheidet, daß Friederike noch am selben Tag abreisen soll. Seit ihre Mutter ein Jahr nach Friederikes Geburt starb, lebte Friederike in dieser abgelegenen Gegend, um fern des Stadtlebens erzogen zu werden. Nach den Plänen ihres Vaters sollte sie von hier aus heiraten. Für diese Hochzeit hat er seinen Neffen Blasius vorgesehen, den er in dürftigen Verhältnissen aufwachsen ließ. Zusammen sollen Friederike und Blasius ein ideales Paar sein. Friederike ist verzweifelt, zumal Sabine ihr von Theodors Worten berichtet. Im selben Moment versuchen die Knechte, Friederike zu entführen, doch sie werden von Blasius daran gehindert. Ohnmächtig liegt Friederike in Blasius’ Armen. Die eintretende Aurora und ihr Vater sind entsetzt. Doch die allgemeine Aufmerksamkeit richtet sich auf das durch die Gasbeleuchtung in Brand geratene Schloß. Herr von Klippenbach, Aurora und Mucki reisen sofort ab, wobei sie die Equipage als Ersatz für ihre verbrannte Garderobe mitnehmen. Der herbeigeeilte Eisenkorn hält Blasius, den er nicht als seinen Neffen erkennt, für den Retter seiner Tochter.

5. Akt

Blasius spielt einsam und verarmt auf seiner Geige. Babette hat es abgelehnt, ihm zu verzeihen, und so kann er vor lauter Unglück nicht arbeiten. Rochus hält ihn mit Lohnlakaiendiensten über Wasser. Theodor reist von einem Ort zum nächsten hinter Friederike her. Nun macht er sich Hoffnungen, seine Geliebte zu sehen, obwohl sie einem anderen versprochen ist, weil Friederike und ihr Vater noch am selben Tag in der Stadt erwartet werden. Theodor weiß mittlerweile, daß seine Eifersucht unbegründet war. Der Hausmeister bietet Blasius eine Gelegenheit, mit seinem Geigenspiel auf einem Ball Geld zu verdienen. Nur mühsam gelingt es Rochus, Blasius zu dieser Arbeit zu bewegen. Rochus selbst will sich dort als Lakai verdingen. – Lied Blasius V, 7 (R: „Drum sag ich ’s kommt Alls auf a Gwohnheit nur an.“). – Der Ball wird von Eisenkorn zur Verlobung seiner Tochter gegeben. Babette, die Kleider für Friederike bringt, erzählt Eisenkorn, was Blasius mit der Fabrik gemacht hat und wie er sich ihr gegenüber verhalten hat. Trotzdem will Eisenkorn es bei der Verlobung belassen, da die Gäste bereits eingeladen sind, doch er erlaubt Friederike, zwischen Blasius und Theodor zu wählen. Blasius hat unterdessen erfahren, daß Eisenkorn sein Onkel ist. Er beschließt deshalb, als Herr von Felsenstein, Friederikes Retter, aufzutreten und so eine große Summe Geld zu bekommen. Tatsächlich ist Eisenkorn gerührt, als er Blasius’ Geschichte hört, doch Babette erzählt Eisenkorn, daß dies sein liederlicher Neffe sei. Herr Eisenkorn verstößt Blasius aus der Familie und verspricht, den Lohn für die Rettung Babette zu geben, da sie am meisten gelitten habe. Allerdings erlaubt er Babette, Blasius zu heiraten, der verspricht, in Zukunft als Musiker sein Geld zu verdienen.