Der Zettelträger Papp

Ein Vorspiel
Uraufführung
15. Dezember 1827 Graz (7 Vorstellungen)
Nestroy-Rolle
Nikodemus Papp, Zettelträger (Rollenverzeichnis 185)
Vorlage
Hermann Herzenskron, Die Heirat durch die Pferdekomödie (1822), bearbeitet von Ferdinand Raimund (Raimund, Sämtliche Werke Band 3, S. 61)
Überlieferung
Gladt S. 68
SW Bd. 9, S. 501–512
HKA Stücke 1, S. 397–412
Werkausgaben (Stücktext)
SW Bd. 9, S. 1–16
HKA Stücke 1 (Herausgeber: Friedrich Walla), S. 91–106
Literatur
HKA Stücke 1, S. 90
Haushofmeister einer reichen Dame
Andres Bedienter im Hause
Nicodemus Papp Zettelträger einer reisenden Schauspieler-Gesellschaft

Die gnädige Frau wartet bereits ungeduldig auf den Zettelträger mit den neuen Komödienzetteln. Andres und der Haushofmeister halten nach ihm Ausschau. Im Gegensatz zu Andres freut sich der Haushofmeister darüber, daß eine neue Schauspieltruppe ein neues Stück spielt, egal ob es gut oder schlecht ist. Andres dagegen würde sich freuen, wenn wieder altbewährte Stücke auf die Bühne kämen. An etwas Neuem ist er nicht interessiert.

Endlich erscheint der erwartete Zettelträger. Andres bringt der gnädigen Frau sofort einen Komödienzettel. Papp, der von sich behauptet, ein dramatischer Künstler zu sein, beginnt mit dem Haushofmeister ein Gespräch über das Theater. Es sei für eine Gesellschaft nur wichtig, neu an einem Ort zu sein, behauptet Papp. Der Erfolg der Stücke sei dann unausweichlich. Jede länger ansässige Gesellschaft habe dagegen kaum noch Möglichkeiten, einen Erfolg zu erzielen, da die Leute nach immer Neuem verlangen.

Fassung A

Der Haushofmeister berichtet, daß die gnädige Frau sich nach einem Theaterbesuch stets darüber ärgere, daß nur die Männer als Helden dargestellt würden. Die vereinzelt auftretenden Heldinnen seien immer aus dem Mittelalter oder der griechischen Antike, jedoch niemals aus der modernen Zeit. Aus diesem Grund sei die gnädige Frau sehr gespannt auf „Die 12 Mädchen in Uniform“. Papp ist allerdings der Meinung, daß dieses Stück die gnädige Frau vermutlich enttäuschen werde. Er dagegen habe die „Jungfrau von Orleans“ entsprechend umgeschrieben und modernisiert, zumal nach Papps Ansicht alle Schillerschen Stücke einen schlecht geschriebenen Schluß haben.

Fassung B

Der Haushofmeister berichtet, daß die gnädige Frau sich nach einem Theaterbesuch stets darüber ärgere, daß auf der Bühne neuerdings zuviel Rührendes und Geistreiches gezeigt und kaum noch geritten oder gefochten werde. Doch in diesem Punkt widerspricht Papp: Es gäbe genügend Schauspieler, die auf einer „faden Manier“ herumritten und oft so wenig von der Rolle könnten, daß „am Ende der ganz Character zerfetzt da steht; is das nicht gefochten?“
Auch Tierstücke gäbe es genügend, da die Dichter die Stücke „viehisch“ behandelten. Die von der gnädigen Frau gewünschten gymnastischen Partien kämen ebenfalls zum Zuge: Er selbst habe die Schillerschen Stücke entsprechend umgearbeitet. Besonders der „Don Carlos“ sei von ihm sehr „mystisch“ behandelt worden, was von der Kritik leider mit „mistich“ verwechselt worden sei. Papp erzählt dem amüsierten Haushofmeister, persönlich mit Goethe, Schiller und Lessing bekannt gewesen zu sein. Zu seinem Bedauern sei Shakespeare bereits verstorben gewesen, als er zur Bühne kam. Dennoch kenne er den „Hamlet“ sehr gut. Zum Beweis beginnt Papp, die berühmte Stelle aus dem „Hamlet“ mit unmöglichem Pathos zu deklamieren.
Zum Schluß erbittet er sich als Requisit die Brieftasche des Haushofmeisters, mit der er auf Nimmerwiedersehn verschwindet. – Quodlibet Papp 3.