Das Gewürzkrämer-Kleeblatt

oder Die unschuldig Schuldigen

Posse mit Gesang in Drey Aufzügen
Titel der Uraufführung
Das Gewürzkrämer-Kleeblatt [Theaterzettel: oder Die unschuldig Schuldigen] Posse mit Gesang in Drey Aufzügen
Entwurftitel
Gewürzkrämerkleeblatt
Uraufführung
26. Februar 1845, Theater an der Wien (4 Aufführungen)
Nestroy-Rolle
Zichori, ein Gewürzkrämer (Rollenverzeichnis 704)
Musik
Adolf Müller, Nachweise: Hilmar S. 86
HKA Stücke 22, S. 546–554
Vorlage
Lockroy et Anicet-Bourgeois: Trois Épiciers (Vaudeville, Paris 1840)
Überlieferung
Gladt S. 47
SW Bd. 12, S. 669–687
HKA Stücke 22, S. 349–453
Werkausgaben (Stücktext)
CG Bd. 7, S. 197–244, SW Bd. 12, S. 441–534 HKA Stücke 22 (Hg.: Yates), S. 77–145
Musik (erhältlich)
Musik (erhältlich)
Literatur
HKA Stücke 22, S. 76
NESTROY Spiele Schwechat
HKA
Schwefel
Baumöhl
Cichori alle Gewürzkrämer
Madame Schwefel
Madame Baumöhl
Madame Cichori deren Frauen
Victor
Peter beide Kommis bei Baumöhl
Brumm
Luise sein Mündel
Frau Schnupf
1. und 2. Dienstmädchen
Eine Köchin
Ein Schusterjunge
Chevalier Wettersporn
Eine Magd
Zwei Lehrjungen alle in Chichoris Haus
Ein Hausmeister
Regerl Magd in Baumöhls Haus

Die Handlung geht in einer Provinzstadt vor.

1. Akt

Als Geschäftsgehilfen treffen sich Victor und Peter in Baumöhls Laden. Sie erzählen sich von ihren Liebessorgen: Victor ist in Louise verliebt, deren Tante aber an seiner Armut Anstoß nahm und ihre Nichte in die Stadt schickte. Da ihm bekannt ist, daß sie an diesem Ort Verwandte hat, hat er die Stellung bei Baumöhl angenommen, weiß aber nicht, wo Louise sich aufhält. Auch Peters Angebetete heißt Louise. Er hat sie in einer Eilkutsche kennengelernt, doch bis jetzt ist es ihm nicht gelungen, ihr Herz zu erobern. Victor gesteht Peter, daß die Locken von Mad. Baumöhl ihn an Louise erinnern. Daraufhin warnt ihn der Freund vor Baumöhls Freunden Cichori und Schwefel. Alle drei seien ältere Männer mit weitaus jüngeren Frauen. Jeder halte sich für den Klügsten und die eigene Frau für absolut untadelig. Umso mißtrauischer bewachen sie die Frauen der Freunde, die sie für kokett halten. Allerdings ist diese Bewachung so diskret, daß keiner der drei sie bemerke. Tatsächlich erscheint Schwefel das Verhalten zwischen Mad. Baumöhl und Victor sehr verdächtig. Er beschließt, dem Freund einen Hinweis zu geben, doch der wiederum will seinerseits Schwefel auf eine mögliche Untreue seiner Frau hinweisen. In einem Gespräch voller Andeutungen reden sie ständig aneinander vorbei. Einig sind sie sich lediglich darüber, daß Cichori eventuell von seiner Frau betrogen wird. Um sich bei seiner Herrin wichtig zu machen, hat Victor etwas von einem Geheimnis gemunkelt, das er kenne. Er verspricht, nach einem geeigneten Zeitpunkt zu suchen, um ihr darüber Aufklärung zu geben. Peter offenbart, daß er mit dieser Andeutung ins Schwarze getroffen hat, denn Mad. Baumöhl habe ihrem Mann eine andere, voreheliche Beziehung verschwiegen. – Auftrittslied Cichori I, 14 („Wenn man sieht, wie sich oft geg’nseitig d’ Ehleut’ nicht mög’n“). – Wie seine Freunde ist auch Cichori davon überzeugt, daß seine Frau ihn liebt und stets treu ist. Sorgen machen ihm lediglich die Frauen von Baumöhl und Schwefel. Die Freunde wiederum bedauern Cichori wegen seiner Sorglosigkeit. Um ein Unheil zu verhindern, sorgt Schwefel dafür, daß Baumöhl seinen Gehilfen Victor an Cichori abtritt. Victor findet sogleich Gefallen an Mad. Cichori, deren Gesang ihn an seine Louise erinnert. Er schwindelt ihr vor, ein Kindheitsbildnis von ihr zu besitzen. Da es sich um ein unvorteilhaftes Porträt handelt, verlangt Mad. Cichori von Victor, es vor ihren Augen zu verbrennen. Auch ihr verspricht er, nach einer geeigneten Gelegenheit zu suchen. Da Baumöhl das Gespräch zwischen Victor und Mad. Cichori gehört hat, reut ihn die Zusage, Victor an Cichori abzutreten. Doch beide Freunde drängen ihn, das Versprechen einzuhalten. Schwefel ist sehr stolz darauf, eine mögliche Untreue von Mad. Baumöhl verhindert zu haben.

2. Akt

Peter ist es noch immer nicht gelungen, Louises Liebe zu gewinnen. Durch eine Erbschaft verfügt er seit kurzem über ein Haus. Er hat jetzt beschlossen, Louise zu heiraten, und hofft, daß sie sich im Laufe der Ehe doch noch in ihn verliebt. Baumöhl reut es noch immer, Victor abgegeben zu haben, da ihm das Verhältnis zwischen Mad. Cichori und Victor verdächtig vorkommt. Unter vier Augen bittet Baumöhl Cichori, Victor sofort zurückzugeben, doch Cichori wehrt sich heftig gegen diesen Vorschlag, weil er sich noch an den Grund für diesen Wechsel erinnert. Daraufhin wird Baumöhl so wütend, daß er Cichori mit einer Klage droht. Der Freund weiß gar nicht, wie ihm geschieht, doch beharrt er darauf, Victor zu behalten. Schließlich schlichtet Schwefel den Streit, indem er selbst Victor zu sich nimmt. Er ist sich sicher, seiner Frau absolut vertrauen zu können. – Lied Mad. Cichori II, 8 (R: „ ’s is a starkes Geschlecht, aber schwach, aber schwach.“). – Auch an Mad. Schwefel findet Victor auf der Stelle Gefallen, weil ihr Aussehen ihn an Louise erinnert. Von Mad. Schwefel weiß Victor tatsächlich, daß sie einen gewissen Theodor Funk heiraten sollte. Mad. Schwefel gibt zu, daß dieser Mann ihre große Liebe war, doch ihre Familie diese Heirat nicht wollte. Victor erzählt ihr, Theodor habe ihm am Tag nach seiner Hochzeit ein Paket mit Briefen mit dem Auftrag gegeben, dieses letzte Andenken an seine Geliebte zu verbrennen. Gegen den Willen des Freundes habe er die Briefe aufgehoben. Wie erwartet verlangt Mad. Schwefel die sofortige Aushändigung der Briefe. Auch ihr verspricht Victor, nach einer passenden Gelegenheit zu suchen. Mißtrauisch beobachtet Cichori das Verhalten von Mad. Schwefel und Victor. Dabei glaubt er durchaus, untreue Absichten bei Mad. Schwefel erkannt zu haben. An diesem Tag will Cichori ein Festessen zu seinem Namens- und Geburtstag geben. Um ein Zusammentreffen von Victor und Mad. Baumöhl zu verhindern, schickt Schwefel ihn mit einem Brief zu einem Spediteur in die Mühlgasse Nr. 76. In dem Schreiben bittet er seinen Freund, den Überbringer wie zufällig gefangenzusetzen und erst um zehn Uhr abends zu befreien. Bevor er weggeschickt wird, bedeutet Victor Mad. Schwefel, ein Billett für sie zu haben. In einem scheinbar unbeobachteten Moment läßt er den Zettel in eine Vase fallen. Doch Cichori hat die Szene bemerkt. Während er allein im Zimmer ist, holt er den Brief heraus und steckt ihn zunächst ungelesen in seine Westentasche. – Lied Cichori II, 16 (R: „Gegen die Dummheit, so war es zeitlebens, da kämpfen die Götter vergebens.“). – Als alle sich zum Essen setzen, stürzt Cichori herein. Er hält das Billett in der Hand und ist völlig außer sich. Aufgeregt macht er Andeutungen über die Verabredung zu einem Rendezvous in der Mühlgasse Nr. 77 um neun Uhr. Während jeder der drei Männer eine der Frauen als Empfängerin im Verdacht hat, glauben alle drei Damen, die Nachricht sei für sie bestimmt. Die Männer sind darum bemüht, ihre Frauen vor der nun folgenden peinlichen Szene zu bewahren, und schicken sie nach Hause. Schießlich kommt es zu einem konfusen Gespräch zwischen den drei Männern, in dem alle aneinander vorbeireden. Jeder wundert sich, daß der seiner Meinung nach Betroffene so gelassen ist. Gleichzeitig beschließen sie, dem Freund deutlich zu machen, daß es sich um seine Frau handelt. Baumöhl schreibt Cichori einen Zettel, Schwefel schreibt Baumöhl, und Cichori schreibt an Schwefel. Auf jedem Zettel steht eine entsprechende Nachricht. Mit Erstaunen lesen die Freunde die Billetts. Nach dem ersten Schrecken beschließen sie, der Sache auf den Grund zu gehen und die Wahrheit herauszufinden. Gemeinsam schwören sie Rache.

3. Akt

Gemeinsam betrachten Brumm und Louise das Haus in der Mühlgasse 77, das Peter geerbt hat. Brumm ist wütend, weil sein Mündel sich strikt weigert, einen Hausbesitzer zu heiraten, zumal ihr Geliebter zur Zeit unauffindbar ist. Während Brumm die Besichtigung fortsetzt, trifft Louise auf Mad. Cichori, die sich zu dem Rendezvous mit Victor eingefunden hat. Louises Verwunderung steigt, als nach und nach auch Mad. Baumöhl und Mad. Schwefel erscheinen. Die Damen versuchen noch, den Hintergrund dieses Zusammentreffens zu ergründen, als Peter hereinstürmt, um sie vor dem Erscheinen der Ehemänner zu warnen. Schnell suchen sich alle in Nebenzimmern zu verbergen. Auch Louise, über deren Anwesenheit Peter erstaunt ist, wird von ihm versteckt. – Quodlibet-Terzett Schwefel, Baumöhl, Cichori III, 8: Zwar fürchten alle drei, es könnte sich vielleicht doch um die eigene Frau handeln, aber eigentlich tun ihnen jeweils die zwei Freunde leid. Um den Freunden die Qual der Enthüllung zu ersparen und den Frauen eine Chance zur Besserung zu geben, löschen sie ihre Lampen. Im Dunkeln treffen sie auf die Frauen. Baumöhl glaubt, Mad. Cichori vor sich zu haben, Schwefel meint, es handle sich um Mad. Baumöhl, während Cichori sicher ist, Mad. Schwefel zu treffen. Alle drei führen die Frau, bei der es sich in Wahrheit jeweils um ihre eigene handelt, unter Ermahnungen aus dem Zimmer. Peter befreit Louise aus ihrem Versteck. Gerade will Louise ihm eine endgültige Absage geben, als Victor unerwartet eintritt. Er schließt Louise in die Arme und versichert dem verdutzten Peter, dies sei seine Louise. Der Hausmeister bringt Baumöhl, Cichori und Schwefel herein, die er für Diebe hält. Als Peter sich als Hausbesitzer zu erkennen gibt, behaupten alle drei sofort, davon gewußt zu haben und nur aus diesem Grund da zu sein. Gleichzeitig bitten sie Peter, ihren Frauen nichts zu verraten. Zum Schluß entbrennt erneut ein Streit darüber, wer Victor in seinen Dienst nehmen muß, doch Victor beendet die Auseinandersetzung, indem er seine Hochzeit mit Louise ankündigt. Alle drei Männer gratulieren ihm und sind weiterhin überzeugt, die bravste Frau von allen zu Hause zu haben.