Liebesgeschichten und Heurathssachen

Johann Nestroys brillantes Meisterwerk, das Elisabeth Spira zu ihrer Kultsendung inspirierte. Wir zeigen das köstliche Original bei den 34. Nestroy-Spielen im stimmungsvollen Hof des denkmalgeschützten Baujuwels Schloss Rothmühle. Es spielt wie immer das bewährte Ensemble der Nestroy-Spezialisten rund um Peter Gruber. Vergnügen pur!
Wir sind Nestroy!

34. NESTROY Spiele Schwechat
Liebesgeschichten und Heurathssachen
01. Juli bis 05. August 2006

Regie

Peter Gruber

Regiemitarbeit

Christine Bauer

Musik

Thomas Hojsa, Horst Mayr

Bühne

Alexandre Collon

Kostüme

Okki Zykan

Maske

Wiltrud Derschmidt

Lichtdesign

Robby Vamos

Bühnenrealisation

Günter Lickel

Lichttechnik

Thomas Nichtenberger
FLORIAN FETT Kapitalist
Bruno Reichert
FANNY FETT seine Tochter
Maria Sedlaczek
ULRIKE HOLM deren Gesellschafterin
Sabine Stacher
LUCIA DISTEL seine Schwägerin
Bella Rössler
MARCHESE VINCELLI
Harald Schuh
KLING sein Kammerdiener
Willibald Mürwald
ALFRED sein Sohn
Florian Haslinger
ANTON BUCHNER Kaufmannssohn
Thomas Trabitsch
NEBEL
Christian Graf
WIRT
Horst Salzer
WIRTIN
Traude Selinger
MAGD MAGDA
Sissy Stacher
PHILIPPINE Stubenmädchen bei Fett
Esther Potesil
GEORG Bedienter bei Fett
Peter Koliander
HEINRICH Bedienter bei Fett
Alexander Lainer
SCHNECK Landkutscher
Peter Kuno Plöchl
FLINK Dorfgendarm
Poldi Selinger
STATUETTEN
Christoph Schmelzinger / Philipp Scheidl, Sissy Stacher

1. Akt
Alfred hat sich in Ulrike verliebt. Aus diesem Grund hat er sich eine Stellung als Schreiber bei Herrn von Fett besorgt. Seinem Vater, der mit dieser Beziehung sicherlich nicht einverstanden wäre, hat er seinen Aufenthaltsort verschwiegen. In einem Gasthaus trifft Alfred seinen alten Freund Buchner, der völlig mittellos ist. Buchner plant, Fanny zu heiraten. Seinerzeit war Buchner gut betucht und hatte sich in die arme Fanny verliebt. Mittlerweile ist Fannys Vater, Herr von Fett, zu Geld gekommen, während Buchner sein Vermögen verloren hat. Dennoch glaubt er, es habe sich an der verabredeten Hochzeit nichts geändert. Alfred erzählt Buchner, daß niemand auf dem Schloß seinen wahren Nachnamen und seine Herkunft kenne. Der Freund verspricht, Stillschweigen zu bewahren. – Auftrittslied Nebel I, 5 (R: „Ja, ka Mensch weiß woher.“). – Der Tunichtgut Nebel plant eine Hochzeit mit einer reichen Frau, die er allein ihres Reichtums wegen heiraten will. Im Wirtshaus gibt er sich als Baron Nebelstern aus, bis der Wirt die Begleichung einer Rechnung von 286 Gulden und 36 Kreuzern fordert. In die Enge getrieben, gibt Nebel zu, der Sohn der Kellnerin Nina Nebel und eines unbekannten Vaters zu sein. Um sich der angedrohten Verhaftung zu entziehen, verweist Nebel auf seine reiche Braut Lucia Distel. Unwillig läßt sich der Wirt daraufhin auf eine weitere Bewirtung Nebels ein. Höchst erfreut ist Nebel über das Wiedersehen mit seinem ehemaligen Dienstherrn Buchner. Zwar hatte dieser Nebel davongejagt, dennoch bittet Nebel ihn um eine erneute Anstellung. Er hofft, auf diesem Weg Einlaß in das Haus von Herrn von Fett zu finden. Da er auf den Lohn verzichten will, läßt Buchner sich auf den Vorschlag ein. Im Schloß stellt Herr von Fett seine Schwägerin Lucia über ihren Verehrer zurRede. Er hält ihr Verhalten für nicht standesgemäß, doch Lucia will sich nicht in ihre Angelegenheiten hineinreden lassen. Auch Fannys Liebe zu Buchner will Fett keinesfalls unterstützen. Er erklärt, der Umgang mit dem Pleitier Buchner sei unter seiner Würde. Fanny ist untröstlich. Dagegen verlangt Fett von Ulrike, die Hochzeit mit Alfred für den nächsten Tag anzuberaumen. Fett stellt klar: „Liebe leid’ ich nicht in meinem Haus, keine Spur von Liebe.“ Buchner gegenüber verhält Fett sich herablassend und beleidigend. Nur Fanny zuliebe nimmt Buchner die gönnerhafte Einladung zum Essen an. Dagegen gelingt es Nebel, Fetts Sympathien zu gewinnen. Lucia gegenüber, die ihn nur als Baron Nebelstern kennt, gibt Nebel vor, einen reichen Vater zu haben, der diese Hochzeit als nicht standesgemäß betrachte und ihm mit Enterbung drohe. Aus diesem Grunde müsse er wissen, ob seine Braut wirklich so reich sei, wie die Leute behaupten. Begeistert hört Nebel, Lucias Vermögen belaufe sich auf 40.000 Gulden. Der eintretende Fett hört von dem Gespräch gerade noch so viel, daß er die Überzeugung gewinnt, Nebel sei in Wahrheit ein nobler Herr, der sich nur zum Schein als Bedienter in seinem Haus aufhält. Unter vier Augen erklärt er sich mit einer Hochzeit mit Lucia am nächsten Tag einverstanden. Als Gegenleistung soll Nebel jedoch eine Intrige spinnen, die das Verhältnis zwischen Buchner und Fanny zerstört. Gerne sichert Nebel seine Hilfe zu, verlangt aber seinerseits, daß Fett über seine wahre Identität schweigt. In diesem Moment wird der Wirt gemeldet. Mit dem Hinweis, es handle sich bei diesem Mann um einen Spitzbuben, sucht Nebel das Weite. Der Wirt erzählt, es seien zwei Männer aufs Schloß gekommen, von dem der eine nicht der sei, der er vorgebe zu sein. Fett schenkt dem Gerede keine Beachtung. Als der Wirt verlangt, den Zechpreller arretieren zu dürfen, glaubt Fett, es sei von Buchner die Rede, und gibt bereitwillig seine Zustimmung. In einer halben Stunde will der Wirt mit einem Wächter zurückkommen. Trotz der Aussicht, schon bald mit Ulrike verheiratet zu sein, scheint Alfred bedrückt zu sein. Bevor Ulrike die Gründe für sein merkwürdiges Verhalten erfährt, erhält Fett einen Brief des Marchese Vincelli. Sogleich erkennt Alfred die Schrift seines Vaters und erschrickt. Der Marchese schreibt, es sei ihm zu Ohren gekommen, daß sein Sohn unter fremdem Namen um „die Gunst eines Frauenzimmers“ im Hause des Herrn von Fett wirbt. Da Alfreds Name in dem Brief nicht genannt wird, glaubt Fett, es sei von Nebel die Rede. Vincelli kündigt an, mit einer solchen Hochzeit niemals einverstanden zu sein.Um das Gerücht persönlich zu überprüfen, wolle er in einer Stunde auf dem Schloß erscheinen. Sein Sohn solle von diesem Besuch auf keinen Fall unterrichtet werden. Es ist Fett besonders daran gelegen, auf den hohen Besuch den Eindruck eines vornehmen Herrn zu machen. Alfred soll dem Gast entgegengehen und ihn unverzüglich zum Schloß bringen. Nebel wird von Fett gebeten, sich nur im linken Flügel des Hauses aufzuhalten. Gerne kommt Nebel der Bitte nach. Beim Verlassen des Zimmers tritt Nebel der Wirt in Begleitung eines Wächters entgegen. Fett erläutert dem Wachter leise Nebels Identität. Sofort wendet sich dieser zum Gehen. Der wütende Wirt wird von Fetts Bedienten vor die Tür gesetzt.

2. Akt
Marchese Vincelli ist am Gasthof eingetroffen und erkundigt sich bei der Wirtin über Fett und einen fremden jungen Mann, der eine Liebschaft in Fetts Haus unterhalten soll. Die Wirtin, die glaubt, es sei von Nebel die Rede, gibt bereitwillig Auskunft: Es sei von einer Entführung die Rede gewesen. Sie berichtet auch von der unbezahlten Rechnung, was der Marchese aber unbeachtet läßt. Ein Bedienter meldet Alfreds Ankunft, doch Vincelli will seinen Sohn erst nach einem Besuch bei Fett sehen. Inständig hofft Alfred, daß Ulrikes Erscheinung den unangenehmen Eindruck ausgleichen kann, den sein Vater ohne Zweifel von Fett bekommen wird. Während dessen ist Nebel guten Mutes. Er ist überzeugt, Lucia sehr bald zu heiraten, und erzählt Buchner von seinem Glück. Der Freund dagegen ist sehr betrübt. Zwar ist Fanny ihm unverändert zugetan, doch Fetts Auftreten scheint ihm keine Hoffnung zu lassen. So kommen ihm auch in bezug auf Fannys Gefühle Zweifel. Nebel erkennt, daß er diese Zweifel für seinen „Entzweiungsplan“ ausnutzen könnte. Es kommt ihm sehr gelegen, daß Buchner ihn bittet, einen Plan auszuhecken, um Fanny zu prüfen. In Fannys Auftrag erscheint Philippine bei Nebel, der es geschickt einrichtet, sich von Buchner mit „Baron“ titulieren zu lassen. Doch Philippine, die sich über Buchners Lebenswandel in den letzten Jahren erkundigen soll, will nicht glauben, einem Baron gegenüberzustehen. Ohne Zögern erklärt Nebel, Buchner habe sich tadellos verhalten. Er selbst sei ein Baron aus einer armen Familie und könne sich nur durch eine reiche Heirat retten. Da sei es ihm zupaß gekommen, daß Fett ihm die Hand seiner Tochter Fanny antrug. Aus Freundschaft zu Buchner und um sein Gewissen nicht durch eine Geldheirat zu belasten, wolle er aber verzichten. Diese edle Handlung läßt Philippine glauben, Nebel sei doch ein Baron. Nebel läßt Fanny ausrichten, in einer Stunde könne er ihr sagen, wie sie die Einwilligung ihres Vaters zur Hochzeit mit Buchner bekomme. – Lied Nebel II, 8 („D’ Seel hat a breits Maul, sagt sich oft was in d’ Ohr’n“). – Tatsächlich überlegt Fett, ob es nicht noch eine Möglichkeit gibt, statt Lucia Fanny mit Nebel zu verheiraten. Für den Moment setzt er jedoch alles daran, auf den Marchese einen günstigen Eindruck zu machen. Vincelli fühlt sich unangenehm berührt von Fetts pöbelhaftem Verhalten. Entschieden erklärt er Fett, eine Hochzeit sei völlig ausgeschlossen. Fett schlägt vor, er solle zunächst mit der Braut reden, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird. Die eintretende Lucia hält der Marchese zunächst für eine Vertraute seines Sohnes, weil ihre Erscheinung überhaupt nicht zu dessen Schilderungen passen will. Über diese angebliche Verwechslung ist Lucia überaus verärgert. Wütend erklärt sie, auch ohne seine Einwilligung und trotz möglicher Enterbung des Sohnes zu heiraten. Entsetzt hört Vincelli die Rede. Er glaubt, sein Sohn habe den Verstand verloren. Er beschließt, Fett schriftlich zu bitten, einen jungen Verwandten zu suchen, der für 20.000 oder 30.000 Gulden bereit wäre, Lucia auf der Stelle zu heiraten. Nebel lügt Buchner an, indem er behauptet, Fanny sei ihrem Geliebten untreu geworden, als sie hörte, daß Nebel ein Baron sei. Um seine Aussage zu beweisen, bittet er den ungläubigen Buchner, von einem Nachbarkabinett ein Gespräch zwischen ihm und Fanny zu belauschen. So könne er sich selbst ein Bild machen. Der nichtsahnenden Fanny dagegen versichert Nebel, im Nebenzimmer lausche ihr Vater. Ihm solle sie beweisen, daß sie eine gehorsame Tochter sei. Dazu solle sie zum Schein eine Beziehung mit Nebel eingehen. Dies sei der sichere Weg zu einer Verbindung mit Buchner. Hoffnungsfroh geht Fanny auf den Vorschlag ein. Nach Fannys Abgang ist Buchner außer sich vor Enttäuschung. Er droht, Fanny, Nebel oder sich selbst zu erschießen. In einem Handgemenge mit Nebel löst sich ein Schuß. Vor Schreck ohnmächtig sinkt Nebel zu Boden, während Buchner glaubt, ihn erschossen zu haben. Vom Lärm aufgeschreckt, eilen Fanny, Fett, Ulrike und Lucia hinzu. Wütend beschimpft Buchner Fanny und stürzt hinaus. Tief getroffen sinkt Fanny in Ulrikes Arme. Nebel dagegen berichtet Fett stolz von seinem gelungenen Trennungsversuch. 

3. Akt
Nebel hat sich aus dem Schloß ins Wirtshaus geflüchtet. Er kann die Wirtin überreden, ihm 100 Gulden zu leihen, mit denen er ihren Mann gnädig stimmen will. In einem Gespräch mit Alfred macht Vincelli seinem Unmut über die Braut Luft. Alfred kann kaum glauben, daß sein Vater wirklich mit seiner Braut gesprochen hat. Inzwischen ist auch Fetts Antwort auf Vincellis Brief eingetroffen. Er meldet, einen möglichen Bräutigam für Lucia gefunden zu haben. In diesem Moment bringt der Wirt einen Brief von Lucia an Nebel, von dem Vincelli glaubt, er sei an Alfred gerichtet. Er gibt sich deshalb als Vater des Empfängers zu erkennen. Ohne weiteres bezahlt er auch die vom Wirt präsentierten Schulden seines angeblichen Sohnes. In dem Brief berichtet Lucia von dem Gespräch mit ihrem vermeintlichen Schwiegervater. Sie bittet, am Abend entführt zu werden. Auf der Stelle gibt Vincelli dem Wirt die Anweisung, seinem Sohn auf keinen Fall Pferde zur Verfügung zu stellen. Vincelli selbst eilt zu Fett, um die vermittelte Hochzeit in die Wege zu leiten. Nebel ist hocherfreut über die Begleichung seiner Schulden. Er gewinnt allmählich die Überzeugung, bei dem Marchese könnte es sich um seinen bisher unbekannten Vater handeln.Auf dem Fußboden findet Nebel das leere Couvert von Lucias Brief. Der Wirt kann lediglich sagen, daß darin von einer Entführung die Rede war. Als Sohn eines reichen Vaters ist Nebel nicht mehr an Lucia interessiert. Auf der Stelle eilt Nebel aufs Schloß. Auch Alfred erfährt vom Wirt von einem Brief seiner Braut an seinen Vater. Der Wirt zögert nicht, Alfred Pferde zu leihen. Alfred will Ulrike wegen des Briefes zur Rede stellen. – Lied Nebel III, 8 (R: „Und die Gschicht hat ein End.“). – Fett trägt Buchner an, für 30.000 Gulden die Braut des „jungen Tschinelli“ zu heiraten. Buchner meint, es sei von Alfred bzw. von Ulrike die Rede, und überlegt kurz. Aus Freundschaft zu Alfred will er zunächst ablehnen, doch um sich an Fanny zu rächen, willigt er ein. Ulrike kommt mit einer Bitte zu Buchner: Er möge zu Alfred gehen und ihm sagen, daß sie von seiner wahren Identität wisse. Um nicht zwischen ihm und seinem Vater zu stehen, verzichte sie auf die Hochzeit. Buchner erzählt Ulrike von der geplanten gutbezahlten Hochzeit. Daraufhin bittet Ulrike Buchner, Vincelli ein Medaillon von ihr zu geben. Als Gegenleistung will sie zwischen Fanny und Buchner vermitteln. Bei einem Stelldichein mit Nebel plaudert Lucia über den Brief und das Gespräch mit Vincelli, den sie nach wie vor für Nebels Vater hält. Doch Nebel gibt ihr zu verstehen, daß er sich als gehorsamer Sohn keineswegs über den Willen seines Vaters hinwegsetzen könne. Ärgerlich verweist Lucia auf ein schriftliches Eheversprechen. Fett ist dagegen erfreut über dieses Zerwürfnis und bietet Nebel Fannys Hand an. Nebel zeigt sich durchaus interessiert. Buchner übergibt Vincelli Ulrikes Medaillon. Überrascht erkennt Vincelli die Züge seiner überaus geliebten Amalie, die er aus Standesgründen nicht heiraten konnte. Zudem erklärt Buchner die bezahlte Hochzeit könne nicht stattfinden, da der Sohn bereits heimlich geheiratet habe. Aufgeregt stürzt Nebel herbei, um seine Junggesellenschaft zu beteuern. Nun beginnen sich alle Verwechslungen aufzulösen. Buchner erkennt Nebels doppeltes Spiel. Außerdem wird allen Beteiligten deutlich, daß es sich bei Alfred um den Sohn des Marchese handelt. Vincelli bemerkt die Verwechslung von Lucia und Ulrike. Der Verbindung zwischen seinem Sohn und der Tochter seiner unglücklichen Liebe kann er den Segen nicht verweigern. Als Fett Nebels wahre Identität klar wird, fürchtet er um seine und um Fannys Ehre. So kommt es ihm sehr gelegen, daß Buchner und Fanny sich wieder versöhnt haben. Gerne gibt er dem Paar seine väterliche Einwilligung. Lediglich der unverbesserliche Nebel geht leer aus, denn Lucia will ihn nicht mehr sehen. Ohne Bedauern verläßt er das Schloß mit dem Ziel, sich im Wirtshaus als Oberkellner zu verdingen. 

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner

Original Stückfassung | Historisch-kritische Ausgabe (HKA 19 Jürgen Hein)

32. Internationale Nestroy-Gespräche 2006 
„Ah, das dalkete Dencken, is wircklich was Dumms“
Raimund und Nestroy im Kontext internationaler Lachkultur

Samstag, 1. Juli 2006
18:30 Schwechat, Justizschule, Schloßstraße (Tagungsbüro im Foyer ab 14.30 bis 18.30 Uhr geöffnet) 
20:30 Schwechat, Schloss Rothmühle: Premiere 34. Nestroy-Spiele (Fußweg von Justizschule zum Schloss Rothmühle etwa 15 Minuten): „Liebesgeschichten und Heurathssachen“ (Regie: Peter Gruber)

Sonntag, 2. Juli 2006
9:00 Begrüßung
9:15 Adolf Holl (Wien, A): Ohne Angst und ohne Andacht auf die Welt schauen
Diskussion und Pause
10:30 Andreas Freinschlag (Salzburg, A): Aristophanes — poetologischer und provokatorischer Vorfahre Nestroys?
11:15 Matthias Mansky (Wien, A): „Hätte Molière den gleichen Stoff behandelt, es wäre ihm nicht besser gelungen“ (Friedrich II.) – Cornelius von Ayrenhoffs Komödien zwischen Lustspiel- und Possendramaturgie
12:00 Liebesgeschichten und Heurathssachen: Diskussion über Stück und Aufführung 
Mittagspause
15:00 Marion Linhardt (Bayreuth, D): Heiter, lustig, komisch. Konzepte für ein nicht-ernstes Wort- und Körpertheater im Wien der 1830er Jahre
15:30 Gunhild Oberzaucher-Schüller (Salzburg, A): Materialien und Strategien der Unterhaltungskultur
Diskussion und Pause
16:30 Hans-Jürgen Schrader (Genf, CH): Tannhäuser schmafu: Heine, Wagner, Wollheim und Nestroy
17:00 Mathias Schleifer (Bamberg, D): Die Tücken des Couplets – noch einmal Adorno und Nestroy, Hochkultur und Lachkultur
20:00 Lesung: Friedrich Achleitner Einführung: Ulrike Tanzer (Salzburg, A)

Montag, 3. Juli 2006
9:00 Bernhard Doppler (Paderborn u. Berlin, D): Berliner Witz und Wiener G’spaß im Vormärz
9:45 Carola Hilmes (Frankfurt a. M., D): Zur öffentlichen Belustigung freigegeben: Judith und Holofernes
Diskussion und Pause
10:45 Burkhard Meyer-Sickendiek (München, D): Nestroy und der jüdische Witz
11:30 Nikola Roßbach (Darmstadt, D): „Hab’ die Ehre!“ Theatrale Parodie im Wiener Fin de Siccle
Mittagspause
14:30 Peter Haida (Münster/W., D): Medienwechsel – Film- und Fernsehadaptionen von Nestroy-Stücken. Ein Vergleich
15:30 Marc Lacheny (Paris, F): Von einer Lachkultur zur anderen (und retour): Eine „Übersetzung“ von Nestroys Talisman ins Französische
16:30 Forum – Funde – Fragen: Hans Schreiber (Wien, A):
Nestroy beim Photographen (30’) W. Edgar Yates (Exeter, GB): HKA und kein Ende: Der Nachtragsband als Fundgrube (30’)
Diskussion und Pause
Otmar Nestroy (Graz, A): Familiäres oder: A generatione et progenie aus dem Hause Nestroy (30’) Mathias Spohr (Zürich, CH): Häuptling Abendwind – Hat Nestroy den Kaiser karikiert? (15’) Fred Walla (Newcastle, AUS): Eine Vorlage zu Raimunds Der Verschwender (15’)

Dienstag, 4. Juli 2006
9:00 Željko Uvanović (Osijek, HR): Der slawonische Volksstückhumor in Ilija Okrugičs Das Brotkörbchen und die Pelzkappe und Ferdo Becičs Die Deputation der Leutnantinnen im Vergleich mit der Raimund-Kaiser-Nestroy-Lachkultur
9:45 Alice Bolterauer (Graz, A): Das, was weh tut, weglachen … Zu Funktionen des Lachens bei Raimund und Nestroy
10:30 Herbert Herzmann (Dublin, IRL): Spieler oder Spielball des Zufalls? – Anmerkungen zu Nestroys Dramatik im Lichte der Spieltheorie
Mittagspause
15:00–17:00 Wolfgang Häusler (Wien, A): Adalbert Stifter – Poet, Maler, Naturwissenschaftler. Ein Besuch der Stifter-Gedenkräume im Geburtshaus Franz Schuberts (Nußdorfer Str. 54, 1090 Wien)

Mittwoch, 5. Juli 2006
Abreise

Frühstück mit Johann Nestroy
„Zeitvertreib“

Sonntag 9., 16., 23., 30. Juli 2006, jeweils 10:30 Uhr

Zwei selbsternannte Playboys, sieben Mädchen auf der Suche nach einem lukrativen Job, ein Hausbesitzer auf der Pirsch, ein geduldiger Kaufmann, ein höflicher Gerichtsdiener und ein cooler Wächter: Das sind die Zutaten für einen kulturellen Sonntags-Brunch im Rahmen der Nestroy Spiele auf Schloss Rothmühle.

Mit Rebecca Alice Döltl, Viktoria Fazekas, Martina Hinterleitner, Daniela Hirsch, Alena Koliander, Peter Koliander, Alex Lainer, Peter K. Plöchl, Rita Posch, Margarita Prammer, Horst Salzer, Christoph Schmelzinger

Regie: Bruno Reichert

APA, 2. Juli 2006: Geerdete Vorstadtunterhaltung mit Haltung
Seit 34 Jahren hat sich Schwechat als Aufführungsort der Nestroy-Spiele und Treffpunkt der Nestroy-Forschung etabliert. Im Hof von Schloss Rothmühle ging gestern, Samstag, Abend die Premiere der diesjährigen Produktion „Liebesgeschichten und Heurathssachen“ über die Bühne: Eine köstliche Posse, überaus treffsicher inszeniert, von schauspielerischer Glanzleistung des vorwiegend aus Laiendarstellern bestehenden Ensembles getragen.
Die Spezifika der Nestroy-Spiele beschreibt Intendant und Regisseur Peter Gruber so: „Bei uns gibt’s keinen Pomp und keine Promi-Nabelbeschau, keine zeitgeistigen Kunst-Krämpfe, aber auch keine oberflächliche Sommertheater-Konfektion von der Stange. Hier gibt’s – ganz im Sinne Nestroys – niveauvolles, geerdetes Vorstadt-Unterhaltungstheater mit Haltung und Anliegen“. Treffender lässt sich die Philosophie dieses Theaterfest-Standorts nicht charakterisieren.
„Liebesgeschichten und Heurathssachen“, 1843 entstanden, entpuppt sich dementsprechend als gesellschaftskritische Satire, die erstaunlicher Weise keiner Verlagerung ins Heute, ja nicht einmal aufpolierter Couplets bedarf, um biedermeierliche Zustände unverblümt als gegenwärtige erscheinen zu lassen. Soziale Instabilität, neureiches Protzertum, Kommerzialisierung aller Lebensbereiche sind auch dem heutigem Publikum nicht unbekannt. „Die Liebe ist ein Traum, die Ehe ein Geschäft“, lautet eines der zahlreichen Bonmots aus dem Stück.
Bis ins kleinste Detail ist hier wunderbares, komödiantisches Theater zu erleben. Vom Wurstfabrikanten Fett (Bruno Reichert), der schwergewichtigen Tochter Fanny (Maria Sedlaczek) und der resoluten Schwägerin Lucia (Bella Rössler) über den Aristokraten Vincelli (Harald Schuh) bis zum analytischen Schelm namens Nebel (Christian Graf) und dem handfesten Wirt (Horst Salzer) sind alle Figuren typengerecht und überzeugend gezeichnet. „Genau“, würde der wortkarge Dorfpolizist Flink (Poldi Selinger) von seinem Stammplatz an der Theke aus anmerken.
Wer sich bei unverfälschtem Nestroy in volkstümlicher Atmosphäre einen unterhaltsamen Abend erwartet, ist in Schwechat bestens aufgehoben. An Sonntagen wird außerdem ein Theater-Frühstück im Schlossgarten serviert. Noch bis 4. Juli finden auch die 32. Internationalen Nestroy-Gespräche in Schwechat statt, diesmal zum Thema „Ah, das dalkete Dencken, is wircklich was Dumms. Raimund und Nestroy im Kontext internationaler Lachkultur“.

Salzburger Nachrichten, 3. Juli 2006: Köstliche Posse, treffsicher inszeniert
Im Hof von Schloss Rothmühle in Schwechat, seit 34 Jahren Aufführungsort der Nestroy-Spiele, ging am Samstag die Premiere von „Liebesgeschichten und Heurathssachen“ über die Bühne. Es ist eine köstliche Posse, treffsicher inszeniert von Intendant Peter Gruber und getragen von der Leistung des vorwiegend aus Laiendarstellern bestehenden Ensembles.

Kurier, 3. Juli 2006: Spürbare Liebe zum Nestroy-Spiel
Der Titel der heurigen Sommerspiele in Schwechat verleitet vielleicht zu falschen Assoziationen: „Liebesgeschichten & Heurathssachen“. Gemeint ist hier keine Sendung für einsame Herzen, sondern die bekannte gesellschaftskritische Satire von Johann Nestroy.
Auch dieses Jahr gelingt es Peter Gruber (Regie) die subversive Komik in Nestroys Stücken für die Neuzeit zu adaptieren. Gezielte Seitenhiebe, unter anderem auf den Bawag-Skandal, sind die Folge.
Hauptakteur ist wieder einmal Christian Graf, der die Rolle des Nebel mit der nötigen Affektion und einer betont genäselten Aussprache verkörpert. Bruno Reichert findet seine Bestimmung in der Figur des Parade-Proleten Florian Fett. Innerhalb des Laien-Ensembles werden Tendenzen in Richtung Professionalität deutlich erkennbar. Doch es bleibt was es ist: niveauvolles und gut erarbeitetes Laien-Theater. (Petra Mühlgassner)

Wiener Zeitung, 6. Juli 2006: Zeter und Mortadella
Vor der Kulisse eines gigantischen Mortadellabrotes finden in Schwechat die 34. Nestroy-Spiele statt. Nestroys gesammeltes Werk auf die Bühne zu bringen, hat sich das Laienensemble um Peter Gruber vorgenommen – und da sollen auch unbekannte Stücke nicht fehlen. Wie in diesem Jahr „Liebesgeschichten und Heurathssachen“ – die danach benannte Kuppelshow von Elizabeth T. Spira ist fast geläufiger. Um die Liebe geht es natürlich auch hier – und um Nestroy’sche Verwirrspiele auf dem Anwesen des neureichen Fleischers Florian von Fett (Bruno Reichert), den das „von“ nicht am Meidlinger „L“ hindert. Prunk und Protz sollen die fehlende Noblesse ersetzen: ein goldenes Schwein als Hausbar oder Plastik-Hirschgeweihe (Bühne: Alexandre Colon) – ein Ambiente, als hätte Rudolph Moshammer seine Finger mit im Spiel gehabt. Die Darsteller erheitern und begeistern durchwegs – manche mehr, manche weniger. Unterm Strich bleibt aber: engagiertes Laientheater, das Freude macht.

Neue Kronen-Zeitung, 3. Juli 2006: Sommerunterhaltung macht Spaß!
Mit 34 Jahren Nestroy-Spielen im Schloss Rothmühle gehört der Spielort Schwechat zu den traditionellsten und besteingespielten Stationen im niederösterreichischen Theatersommer. Mit großer Lust am Schauspiel sind die Darsteller rund um Regisseur Peter Gruber stets dabei – wie auch bei der heurigen Premiere!
„Liebesgeschichten und Heurathssachen“, so der Nestroy des Jahres 2006, bringt bequemes und angenehmes Sommertheater mit sich. Regisseur Gruber hat einen nicht zu kurzen, aber in sich kompakten und schlüssigen Theaterabend geschaffen, der zunächst einmal auf Sprache und den Witz des Autors setzt. Unterhaltsam soll es sein, nicht zu schwer darf das Ganze im Magen liegen, sicher und souverän werden die Pointen serviert. Aber man spürt keine Routine hinter dem Spiel, immer hat man das Gefühl, dass auch den Darstellern das Geschehen Spaß macht.
Fröhlich das Leben also in Herr von Fetts Villa: Im Mortadella-Bühnenbild von Alexandre Collon wird zwar eifrig intrigiert, doch niemals scheint es an das Innerste zu gehen. Ja, der Herr Nebel (Christian Graf) mag vielleicht einen nebeligen Charakter haben – aber wirklich dunkel ist auch er nicht gezeichnet. Spielt er auch mit dem Leben- und Liebesglück anderer: Ein bisschen sympathisch darf er bleiben!
Liebevoll sind die Typen ausgesucht für die Besetzung des „köstlichen Originals“ im Hof des denkmalgeschützten Schlosses: Die Damen Maria Sedlaczek, Bella Rössler und Sabine Stacher, die Herren Bruno Reichert, Florian Haslinger, Thomas Trabitsch passen perfekt. Hier gönnt sich Gruber also einen Spaß-Nestroy jenseits jeglicher Politik und Kritik, lässt Sommerunterhaltung echte Sommerunterhaltung sein, ohne viele Kanten und Ecken hineinzubringen: Das Publikum amüsiert sich daher besonders blendend. (OL)

Der Standard, 11. Juli 2006: Unpersönliche Ekel-Träumereien
Geschichten sind etwas romantisches, träumerisches, idealisiertes – Sachen hingegen sind nüchterne Ereignisse, geplante Vorgänge, unpersönliche Verbindungen. Wichtige Unterscheidungen, welche die Liebesgeschichten und Heurathssachen, derzeit bei den Nestroy-Spielen in Schwechat, lehren. Um die „Sachen“, nämlich das Vermögen der Lucia Distel (Bella Rössler), geht es an sich nur dem Halunken Nebel (Christian Graf), der die reiche Dame ehelichen möchte und sich als Baron ausgibt.
Dem echten Baron, Alfred (Florian Haslinger), ist hingegen nur an der Liebe zur mittellosen Ulrike (Sabine Stacher) gelegen, und ehrliche Gefühle bringt auch der Kaufmannssohn Buchner (Thomas Trabitsch) der Tochter des neureichen Herrn Fett entgegen. Und da die soziale Ungleichheit der wirklich und scheinbar Verliebten die diversen Verbindungen nicht so ohne weiteres erlaubt, wird in Nestroys Posse intrigiert und geflunkert, soviel das Ego des deklassierten Nebel eben braucht. Der steht dann am Ende aber auch alleine da.
Peter Grubers Inszenierung geht über die unmittelbaren Anregungen einer satirischen Darstellung weit hinaus. Die Charaktere werden sich selbst karikierend gezeigt, die Gegenüberstellung von Adel und Bürgertum lässt den konservativen Lodenträger gegen den Saunaschlapfenproleten um den Anspruch auf Ekel vor dem anderen buhlen. (ih)