Einen Jux will er sich machen

Liebe Nestroy-Freunde!

Heuer ist eines der ganz "großen" Nestroy Stücke an der Reihe: Der "Jux".
Für ihn haben wir den oberen Teil des feststehenden Holzhauses in der Rothmühle ausgebaut. Das erspart uns lange und schwierige Umbauten ud trägt dem kuriosen Umstand Rechnung, dass fast alle großen Szenen des Stückes im ersten Stock spielen.
Als musikalische Besonderheit haben wir ein für den Beginn des 4.Aktes gedachtes Auftritts-Couplet Melchiors ausgegraben, von dem allerdings nur die Musik überliefert ist. Wir verwenden es in Ermangelung eines Original-Textes als Ouverture und leitmotivische Zwischenmusik.

7. NESTROY Spiele Schwechat
Einen Jux will er sich machen

Regie

Peter Gruber

Musik

Edith Muck

Bühne

Guido Salzer, Peter Gruber

Kostüme

Herta Mock

Masken und Frisuren

Silvia Smaha

Hüte

Gertrude Pfertner

Requisiten

Robert Herret

Technische Leitung und Beleuchtung

Alfred Stepan, Fritz Schreiber

Regieassistenz und Inspizienz

Maria Seis

Souffleuse

Mariëtte Michielsen
ZANGLER Gewürzkrämer
Peter Bolaffio
MARIE dessen Nichte und Mündel
Silvia Smaha
WEINBERL Handlungsreisender
Horst Kummerfeld
CHRISTOPHERL Lehrjunge
Michaela Mock
KRAPS Hausknecht
Bruno Reichert
FRAU GERTRUD Wirtschafterin
Herta Mock
MELCHIOR ein vazierender Hausknecht
Robert Herret
AUGUST SONDERS
Franz Steiner
HUPFER ein Schneidermeister
Georg Wertnik
MADAME KNORR Modewarenhändlerin
Gertrude Pfertner
FRAU VON FISCHER Witwe
Erika Stepan
FRÄULEIN VON BLUMENBLATT Zanglers Schwägerin
Edith Muck
BRUNNINGER Kaufmann
Rudolf Kaltenbrunner
PHILIPPINE Putzmacherin
Helli Meissl
LISETTE Stubenmädchen bei Fräulein von Blumenblatt
Maria Seis
EIN HAUSMEISTER
Walter Mock
EIN LOHNKUTSCHER
Kurt Kratky
EIN WÄCHTER
Rudolf Kaltenbrunner
RAB ein Gauner
Kurt Kratky
ZWEI KELLNER
Georg Wertnik, Bruno Reichert

1. Akt
Zangler möchte dem unvermögenden Sonders sein Mündel Marie nicht zur Frau geben. Zu ihrem Schutz will er Marie zu seiner Schwägerin in die Stadt schicken. Durch Zufall erfährt Sonders von diesem Plan. – Auftrittslied Weinberl I, 10 (R: „Da wird wohl auch was g’handelt wer’n.“). – Christoph macht Weinberl auf Wachsspuren, die er auf dem Ladenschlüssel entdeckt hat, aufmerksam. Zangler erzählt Christoph und Weinberl von seinen Plänen: Er wird für drei Tage verreisen und anschließend heiraten. Mit dem Hochzeitstag soll Weinberl seinTeilhaber und Christoph Kommis werden. Weinberl will Zanglers Abwesenheit nutzen und ein richtiges Abenteuer erleben. Zusammen mit Christoph will er sich „einen Jux machen“. Er verkleidet sich mit Zanglers altem Schützenanzug und läßt Frau Gertrud durch Christoph ausrichten, sie solle Weinberl sagen, daß das Geschäft zwei Tage geschlossen bleibe. Überraschend kommt jedoch Zangler von seiner Schützengesellschaft zurück. Weinberl muß sich vor ihm verstecken. Unterdessen hat Sonders Marie getroffen. Weinberl hört aus seinem Versteck, wie Sonders sie bittet, mit ihm fortzugehen. Die beiden entdecken Weinberl jedoch und halten ihn für Zangler. Um nicht erkannt zu werden, gibt Weinberl ihnen wortlos seinen Segen und verschwindet. In diesem Moment erscheint Zangler, entdeckt die beiden völlig verwirrten Liebenden und schickt Marie wütend ins Haus.

2. Akt
Weinberl und Christoph sind in die Stadt gereist, wo sie beinahe auf Zangler treffen. Sie flüchten sich in das Geschäft von Mad. Knorr, wo Weinberl sich als Ehemann einer Frau von Fischer ausgibt. Doch Frau von Fischer erscheint tatsächlich, spielt aber zum Schein die Rolle der Ehefrau. – Lied Weinberl II, 8 (R: „Das is a verruckte Idee“). – Sonders und Marie sind durchgebrannt, werden jedoch von Zangler gesehen, als sie vor einem Gasthaus aus der Kutsche steigen. Er gibt dem Kutscher und einem Wächter die Anweisung, die beiden auf dem Rückweg bei seiner Schwägerin abzuliefern. Auch Mad. Knorr, Frau von Fischer, Christoph und Weinberl, der fast pleite ist, besuchen auf Wunsch der Damen das Gasthaus. Melchior erscheint und verlangt den ganzen Salon für seinen Herrn. Schließlich wird, als Weinberl und Christoph von ferne sehen, wer der Herr ist, eine spanische Wand aufgestellt. Um vor der unbezahlbaren Rechnung zu fliehen, schleicht sich Christoph, mit dem Burnus und dem Hut von Frau von Fischer verkleidet, an Zangler vorbei. Auch Weinberl kann unbemerkt entkommen. Die beiden steigen in Sonders’ Kutsche. Kutscher und Wachter halten sie für das gesuchte Paar, ebenso Zangler und Melchior. Doch in diesem Moment kommen Marie und Sonders in den Salon. Als Zangler auch noch seine Verlobte Mad. Knorr bemerkt, herrscht allgemeine Verwirrung.

3. Akt
Weinberl und Christoph werden von dem Kutscher und dem Wächter bei Frl. Blumenblatt abgeliefert, die die beiden für ihre seit langen Jahren nicht gesehene Nichte und deren Liebhaber hält und dies sehr romantisch findet. Melchior erscheint, weil Zangler Weinberls Zeche bezahlen mußte, und klärt Frl. Blumenblatt über die Verwechslung auf, doch diese glaubt ihm nicht. Sonders, der sich als Weinberl ausgibt, erscheint und behauptet, mit Maries Bewachung beauftragt worden zu sein. Melchior versucht auch diesen Irrtum aufzuklären, aber Frl. Blumenblatt hält ihn für einen Betrüger und ruft den Wächter. In diesem Moment kündigt Lisett Herrn Zangler an. Die entstehendeVerwirrung nutzen Weinberl, Christoph und Sonders zur Flucht. Zangler erscheint in Begleitung von Mad. Knorr und Frau von Fischer. Er klärt Melchiors Identität und übergibt Marie seiner Schwägerin. Christoph hat sich in ein hochgelegenes Zimmer gerettet. Während Weinberl einen Ausweg aus dem ummauerten Garten sucht, hält Christoph Ausschau nach einem Fluchtweg aus seinem ,Gefängnis‘. Er wird von Sonders, der ihn für Marie hält, mit einer Leiter befreit, die Weinberl und Christoph auch zur Flucht aus dem Garten verhilft. – Lied Weinberl III, 16 (R: „Und es schickt sich doch offenbar nicht.“). – Die beiden kehren zum Geschäft zurück, in das gerade Kraps, Zanglers entlassener Knecht, und Rab einbrechen. Kraps, der ihnen direkt in die Arme läuft, wird von Christoph und Weinberl genötigt, seinen Hut und seinen Mantel auszuziehen. Weinberl verkleidet sich damit und hilft Rab zum Schein bei seinem Raubzug, so daß Christoph die Gelegenheit hat, die Polizei zu rufen. Melchior bemerkt die Einbrecher und greift sich Weinberl, während Rab fliehen kann, jedoch auf der Straße von Zangler, Mad. Knorr, Frau von Fischer, Christoph, Marie, Sonders und dem Wachter gestellt wird. Zangler beglückwünscht Weinberl, sehr zum Erstaunen von Melchior, der ihn für einen Dieb hält. Frau von Fischer und Mad. Knorr erkennen Christoph und Weinberl. Letzterer rettet die Situation, indem er Frau von Fischer einen Heiratsantrag macht. Da nun auch der durch ein Erbe reich gewordene Sonders Marie heiraten darf, endet das Stück mit der Aussicht auf eine dreifache Hochzeit. 

Aus dem „Nestroy-Schauspielführer“ von Jürgen Hein und Claudia Meyer, Verlag Lehner

Original-Stückfassung | Historisch-kritische Ausgabe (HKA 18/I W. Edgar Yates)

Wiener Zeitung: Herzhafter „Jux“ in Schwechat

Das Wetter war schön, das Ensemble spielte mit Freude und Engagement, Nestroys Posse „Einen Jux will er sich machen“ faszinierte wie immer, die Stimmung unter den Zuschauern war blendend. Mit einem Wort: Sommertheater, wie man es sich vorstellt, wurde in der Rothmühle in Schwechat gezeigt, der Abend war ein Vergnügen.

Nestroys Verwirr- und Versteckspiel um den Gewürzkrämer Zangler und seinen Handelsgehilfen Weinberl, der endlich „einmal einen Kraftakt setzen möchte“, ist heute noch ein kulinarisches Theaterereignis. Bissig, ironisch, zynisch, dann wieder derb und fast sentimental: nahtlos reihen sich die Gags und minutiös erarbeitete Szenen aneinander, bruchlos geht bissige Sozialkritik in seichte Unterhaltung über.

Peter Gruber, der sich heuer durch einige Inszenierungen am Theater der Jugend schon Lorbeeren verdient hat, läßt den Nestroyschen Text fast rein, ohne nachträgliche Interpretationen und falsche Aktualisierungen spielen. Behutsam legt er die Komödiantik seines Laienensembles frei, läßt die Darsteller sich ausagieren und bremst nur selten übergroßes Pathos ein.

Die Bühne – von Guido Salzer und Peter Gruber – ist zweigeschossig, und nahezu ideal für die raschen Szenenfolgen und -wechsel. Alles in allem: ein höchst kurzweiliger, spannender Abend. Man sah ein Ensemble an der Arbeit, das natürlich und mit echter Freude am Theater agierte, man sah teilweise professionelle Leistungen. Mehr kann man vom „Sommertheater“ nicht verlangen. (Helmut Strutzmann)

Volksstimme: Begrenzter Ausbruch aus der Bürgerwelt

Seit sieben Jahren existieren die Schwechater Nestroy-Spiele und sind in diesem Zeitraum zum Inbegriff Nestroyscher Spielpraxis und -behandlung geworden, wie sie hierzulande leider nur selten anzutreffen ist. Zusätzlicher Vorzug dieser Spiele, die von der Amatuertheatergruppe St. Jakob unter der Leitung des jungen Wiener Regisseurs Peter Gruber bestritten werden, ist es, sich auch der „unbekannteren“ Stücke des wohl schärfsten Wiener Satirikers anzunehmen.

Heuer freilich griff man zum „Jux“, der gewiß nicht unbekannt ist. Und vorweg: Auch diese Aufgabe wird souverän gelöst. In einer dichten, turbulenten Inszenierung bekommt der Zuschauer einen Nestroy zu sehen, der in den „großen, offiziellen“ Theatern hierzulande eine Ausnahme als Regel ist.

Vor einem flexiblen Bühnenbild (Peter Gruber, Guido Salzer) läuft die Handlung „zu ebener Erd’ und im ersten Stock“ ab, in der der begrenzte Ausbruch des Handlungsdieners Weinberl gezeigt wird. Da wird die modellhafte Spielwelt des „Handelsstandes“ mit vergnüglichen Elementen der Commedia dell’arte erfüllt, da treibt der Weinberl (der vom Handlungsdiener zum Compagnon aufrückt) seinen Jux und wird seinerseits von ihm getrieben. Wird Marionette und Spießer („Der Diener ist Sklav’ des Herrn, der Herr ist Sklav’ des Geschäfts“) und bezahlt seinen „Aufstieg“ mit der Einschränkung individueller Freiheit.

Horst Kummerfeld (Weinberl) gelingt es vortrefflich, den doppelten Aspekt seiner Abhängigkeit szenisch klarzumachen (Hegels „Phänomenologie des Geistes“ und Brechts „Puntila“ sind da gar nicht so weit entfernt), und muß letztendlich erkennen, daß für seinen „Jux“ nur ein begrenzter Raum zur Verfügung steht.

Erstaunlich, wie es Regisseur Peter Gruber immer wieder gelingt, die Mitglieder des Laienensembles zu motivieren (und die gewiß nicht geringen Schwierigkeiten bei der Besetzung zu umgehen).

Extra Dank also dem Ensemble, dem Regisseur und den vielen Mitarbeitern im Hintergrund für diesen Nestroy. Der stimmt und ist stimmig. Und geht weit über einen bloß vergnüglichen Abend hinaus. (Günther Stockinger)

Neue Kronenzeitung: Wo Weinberl die Rosinen klaubt

Ein besonderes Rosinenstückl hat man diesmal aus dem Nestroy-Repertoirkuchen geklaubt. Weinberl ist ein sommerlicher Theatertrumpf in der Schwechater Rothmühle. Schon traditionell „nicht gekürzt und radiert“, macht man sich heuer einen „Jux“. Eine rundum vergnügliche, mit Abstrichen gelungene Aufführung!

Im barocken Schloßhof setzt Weinberl, der so gerne einmal ein „verfluchter Kerl’ wär“, wieder alles auf eine Karte. Stürzt sich mit dem g’wölberischen Commis in spe, Christopherl, Hals über Kopf ins Nestroysche Verwechslungskarussell.

Regisseur Peter Gruber hat die Posse liebevoll inszeniert. Mit allem zu Gebote stehenden Turbulenzbewußtsein. Es dauert zwar, bis der Handlungskreisel richtig rotiert. Aber dann wird die Satirenklinge schwungvoll und mit Witz geführt. Verlogenes Moralvokabular, Verwechslungsklamauk seiner selbst willen effektvoll entwaffnet.

Wie man aus der Szenenwechselnot eine Tugend macht, zeigt die Schwechater „Jux“-Bühnenlösung: Zwei Etagen halten Spieltempo aufrecht, lassen lange Umbaupausen vermeiden und liefern auch gleich eine Vorschau auf den nächsten Nestroy-Sommer! Eben zu ebener Erde und erster Stock! (Martin Schweighofer)

Arbeiterzeitung: Nestroy-Praxis und -Theorie

In Schwechat fanden heuer die 5. Internationalen Nestroy-Gespräche statt, und es ging dabei um spätere Bearbeitungen von „Einen Jux will er sich machen“. Daher steht auch heuer der „Jux“ auf dem Programm der Schwechater Nestroy-Spiele im Schloßhof Rothmühle.

Es ist – wie immer – eine Aufführung, der man die Begeisterung anmerkt, mit der die Schauspieler am Werk sind, und die daher auch mit jeder Profiaufführung konkurrieren könnte. Peter Gruber hat sehr geschickt Regie geführt und aus dem Amateurensemble, das ja schon eine siebenjährige Routine hat, das Beste herausgeholt.

Peter Gruber hat übrigens auch zusammen mit Guido Salzer das Bühnenbild gestaltet, das diesmal besonderes Lob verdient: Es wird auf zwei Ebenen gespielt, im Oberstock und im Parterre. Dadurch ergeben sich viel bessere Möglichkeiten zum Szenenwechsel und das Gesamtbild wirkt wirklichkeitsnäher. Die Schauspieler sind auf dieser Bühne außerdem auch die Kulissenschieber, und man merkt, daß jeder Handgriff bei ihnen sitzt; da steckt also gleichfalls eine wohldurchdachte Organisation dahinter.

Im Sinne der heurigen Nestroy-Gespräche ging diesmal am Nachmittag der Premiere eine gekürzte Aufführung des Musicals „Hello Dolly“ voran, das ja Nestroys „Einen Jux will er sich machen“ zum Vorwurf hat. Es spielten ganz nett die Eleven des Konservatoriums Prayer in Wien. (G. H.)